Mit dem letzten Liveauftritt von HAUJOBB auf dem Amphi Festival 2008 hatte ich eigentlich auch das Ende der Band selber verbunden. Doch erfreulicherweise erscheint acht Jahre nach "Vertical Theory" das achte Studioalbum der Kultelektroniker, betitelt mit "New World March". Und erneut beweisen Daniel Myer und Dejan Samardzic, dass sie mit Abstand zu den begabtesten Soundtüftlern des Genres zählen.
Wo andere Electro-Acts sich darauf beschränken, auf das Rhythmusgerüst ein paar Sounds zu packen und diese zu loopen, ist die Herangehensweise von HAUJOBB schon immer eine etwas andere gewesen. Sorgsam ausgewählte und perfekt aufeinander abgestimmte Sounds wirken hier beinahe schon wie eigene Instrumente innerhalb der Songs. Jedes kleinste Fiepen, jedes elektronische Knarzen, jede Sequenz hat ihren eigenen, wichtigen Platz. Da darf sich auch mal ein Klavier oder eine Gitarre hinzufügen, ohne dass solche natürlichen Sounds sich mit den synthetischen beißen, im Gegenteil. Bei HAUJOBB wirkt elektronische Musik beinahe lebendig, sie atmet, sie pulsiert, sie bewegt sich und den Hörer. So und nicht anders geht nahezu perfektes Sounddesign.
Zu den höchst spannenden, intelligenten Arrangements kommt dann der unaufgeregte Gesang hinzu. Der ist auf "New World March" ab und an ein bisschen zu unaufgeregt geraten, manchmal vermisst man ein wenig die Gesangslinien, die wirklich fesseln und unter die Haut gehen und die dem guten Songwriting das Sahnehäubchen aufgesetzt hätten. Die Hooklines in den Songs zünden nicht auf Anhieb, sondern entwickeln sich erst mit der Zeit. Das erhöht einerseits die Langzeitwirkung, andererseits verlangt dies Geduld vom Hörer und den Willen, sich mit den Songs auseinanderzusetzen. Dadurch, dass die Songs selber aber enorm abwechslungsreich geraten sind, kann man sich "New World March" aber auch nebenbei anhören. Die Spanne reicht von Songs, die im Verlauf immer mehr an Intensität zunehmen über düstere, eindringlichere Nummern bis hin jenen Tracks, die mit mehr Eingängigkeit und damit verbundener Tanzbarkeit auch clubtauglich sind. Qualitative Unterschiede macht man letztlich keine aus, auch das zeichnet das hohe Niveau aus, auf dem sich HAUJOBB auch 2011 bewegen.
FAZIT: "New World March" hat zeitlose, intelligente elektronische Musik zu bieten, die nahezu perfekt gemacht ist. So spektakulär die musikalische Architektur aber auch ist, das Songwriting an sich hält da nicht ganz mit, weshalb letztlich "nur" elf Punkte zu Buche stehen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.01.2012
Daniel Myer
Daniel Myer, Dejan Samardzic
Zweieck / Soulfood
53:44
11.11.2011