Zuerst einmal Respekt für die Leistung des Dave Brock: Der Duracell-Hase des British-Rock ist seit über 40 Jahren im Geschäft und hat während dieser ganzen Zeit konsequent mindestens alle zwei Jahre ein Album veröffentlicht. HAWKWIND bewegen sich damit, Live-Scheiben und DVDs eingeschlossen, stramm auf 50 Veröffentlichungen zu!
Das macht es spannend, die Entwicklung dieser kauzigen 70s-Legende zu verfolgen, die ein Stück weit die Frage beantwortet, wie wohl andere Bands dieser Zeit heute klingen würden. HAWKWIND zappen auf CD eins von „Onward“ in Perfektion und mit Lichtgeschwindigkeit durch ihr Space-Rock-Universum. Der Opener „Seasons“ entwickelt sich nach einem Science-Fiction-Intro zu einem modern tönenden Rock-Stampfer mit U2-Einschlag, „The Hills Have Ears“ ist dann purer Hard Rock mit einem durchdachten, sphärischen Intermezzo, gefolgt von einer angefolkten Ballade mit Gruß an PINK FLOYD, die einem das Herz aufgehen lässt. Gleich darauf hauen einem HAWKWIND eine abgefahrene Raumschiff-Szene nebst einer treibenden, an THE PRODIGY (!) erinnernden Neueinspielung des Space-Rock-Klassikers „Death Trap“ um die Ohren.
Gegen Ende der CD werden die Improvisationen dann wieder weitschweifiger, trippiger und etwas elektronischer, wobei sich klassische Theremin-Sounds geschmackvoll mit digitalen Synthesizerklängen mischen. Unwillkürlich stellt man sich diesen verrückten Haufen alter Männer vor, die mit leuchtenden Augen wie in Jugendtagen neue Sounds suchen und dabei einen Marsflug nachspielen.
Die Frische und Energie von HAWKWIND nach so langer Zeit ist unfassbar. Da die Truppe viel besser auf den Punkt kommt als auf den vorangegangenen Alben, sollte hier für jeden Rockfan was dabei sein. Weiteres Kaufargument für „Onward“ ist auch, dass sich die instrumentalen und vokalen Fähigkeiten von HAWKWIND mit der Zeit deutlich verbessert haben.
Bis dahin wäre alles super, doch leider bleibt es nicht bei einer CD. Die zweite Hälfte von „Onward“ beginnt nämlich mit „Computer Cowards“, einer wohl sarkastischen Kritik an der heutigen Internetsucht, die in ihrer Plattheit aber einfach nur nervt. Danach folgen drei belanglose „Bonus Tracks“ aus den Hawkwind-Archiven, die angesichts der drölfzig Live-Alben und Bootlegs nur von minderem Belang sein können, und eine ebenfalls schlechtere Neuaufnahme von „Green Finned Demon“. Der Rest der Scheibe ist durchschnittlicher Space-Rock, der nie das Niveau der ersten Albumhälfte erreicht. Bei aller Freude über prall gefüllte CD-Hüllen: Das hätte nun echt nicht sein müssen.
FAZIT: „Onward“ ist ein erfrischend geradliniges Space-Rock-Album im ersten, eine lauwarme Resteverwertung im zweiten Teil. HAWKWIND waren und bleiben eine zweischneidige Band.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.04.2012
Mr. Dibs
Dave Brock
Dave Brock, Niall Hone
Tim Blake
Richard Chadwick
Eastworld Recordings
84:26
30.04.2012