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Hexen: Being And Nothingness

Stil: Thrash Metal

Cover: Hexen: Being And Nothingness

"Hallo, Polizei? Hier ist eine vierköpfige Band gekidnappt worden. Sie nennt sich HEXEN und stammt aus Los Angeles... Nein, die Band ist nicht verschwunden, da stehen jetzt aber vier Männer, die ganz andere Musik machen, das können nicht die Echten sein... Nein, ich bin mir da absolut sicher, die Kennzeichen von HEXEN waren eindeutig... Pfeilschnelle Riffs, ein mächtiger Sound, eingängig wie eine Polizeisirene, aggressiv, volle Thrashkante eben, und das, obwohl sie nur ein Album veröffentlicht hatten... Ja, hoffentlich finden Sie sie bald!"

Einen unbeschreiblichen Verlust beschert uns die Runderneuerung von HEXEN. Der Vorgänger "State Of Insurgency" ist ein Knaller und kann nur wärmstens zur Nackengymnastik empfohlen werden. Bei "Being And Nothingness" würde man sich glatt den Hals verrenken, denn jetzt sind HEXEN progressiv. Glauben sie zumindest, denn offenbar haben die Herren in den vier Jahren seit ihrem Debüt nichts weiter gemacht als ihre Fingerfertigkeit zu trainieren und einen Haufen schicker Toms und Timbales für's Schlagzeug zu kaufen.

Kurz gesagt, was sich in Sachen Coverartwork zum Guten gewandelt hat, misslingt auf musikalischer Ebene völlig. Die authentische Aggressivität des Erstlings ist völlig verschwunden, und da hilft es natürlich auch nichts, dass nun ein paar Rhythmuswechsel mehr in den Songs stecken. Die durchschnittliche Länge der Tracks hat zugenommen, wird aber nicht mit mehr Substanz gefüllt. Stattdessen werden schale Akkordfolgen zu oft wiederholt und nichtssagende Solos eingeschoben. Und da zu progressivem Metal ja auch Atmosphäre gehört, gibt es also auch hier und da einen Keyboard-Teppich aus dem Sound-Discounter und eine gezupfte Akustische. Da gähnt der Laie und der Fachmann wundert sich: Warum sagt sich eine Band, die mit ihrem ersten Album so begeistern konnte, so von ihren Stärken los?

Die Produktion ist inzwischen ordentlich modernisiert und komprimiert, was der Chose aber den letzten Zahn zieht. Dadurch entsteht das merkwürdige Gefühl, einen ICE vor einer gläsernen Schallschutzmauer vorbeirasen zu sehen, aber weder Zugluft, noch Fahrgeräusche abzubekommen. Statt mutiger, wilder Scheißegalgitarren haben sich HEXEN in den Kopf gesetzt, was für den Intellekt zu produzieren und lassen das Herz dabei komplett außen vor. Wie man Thrash eingängig, technisch und mit bunten Drumfills spielt, haben ATHEIST vorgemacht, melodische Deathpassagen mit angejazzten Akkorden gibt es bei OBSCURA in bester Qualität. Beides versuchen HEXEN auf "Being And Nothingness" inspirationslos zu vermischen. Zu allem Übel kommen die Hochgeschwindigkeitsgitarren, die die immer gleichen Elemente wiederkäuen, als wären die Licks auf eine hängende Schallplatte eingraviert, und Sänger Andre Hartoonian, der vom charismatischen Schreihals zum charasthmatischen Röchler mutiert ist. Da überrascht es auch nicht, dass der einzige Earcatcher, der Beginn von "Nocturne" nicht von HEXEN, sondern von Prog-Uraltmeister Frédéric Chopin stammt.

FAZIT: Enttäuschung auf ganzer Linie. Wenn HEXEN ihren Stilwechsel ernst meinen, haben sie noch viel gegenüber der Konkurrenz in diesem Genre aufzuholen.

Punkte: 7/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.06.2012

Tracklist

  1. Macrocosm
  2. Grave New World
  3. Defcon Rising
  4. Private Hell
  5. Walk As Many, Stand As One
  6. Stream Of Unconsciousness
  7. Indefinite Archetype
  8. The Nescient
  9. Nocturne

Besetzung

  • Bass

    Andre Hartoonian

  • Gesang

    Andre Hartoonian

  • Gitarre

    Tak Arayan, Ronny Dorian

  • Schlagzeug

    Giovanni Loyola

Sonstiges

  • Label

    Pulverised Records

  • Spieldauer

    54:11

  • Erscheinungsdatum

    14.05.2012

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