Natürlich, man soll nicht von Pressetexten auf Bands schließen, aber wenn die Chorknaben von IMPENDING DOOM abgesegnet haben, was ihre Promo-Menschen zum vierten Album verzapfen, gehören sie ans Kreuz geschlagen – als sei ihre Musik nicht bereits Grund genug dazu. Allerdings würde die Band dies vermutlich sogar zu schätzen wissen.
Die Amerikaner, eine der „defining Metal bands of today” (einmal herzhaft während der Eucharistie gelacht), verstehen sich nämlich als Märtyrer oder zumindest Vorkämpfer, wie es sich für einen braven religiösen Eiferer gehört, doch man mag sie fragen: Wer tut euch denn etwas? Keine Sau. Euresgleichen sitzt ohnehin auf dem absteigenden Ast („Take the number you have chosen, 666 is one with the fallen“); warum sollte der aufgeklärte Teil der Musikmenschheit daran sägen? Sicher, die Herren sind bestimmt leidenschaftlich bei der Sache, aber ihre widerwärtige Anbiederung an „anyone who loves extreme sounds regardless of their worldview“ ist im Grunde genommen nicht weniger inkonsequent als das Verhalten anderweitig radikal wirkender Bands, die sich nicht explizit von braunem Gedankengut distanzieren, weil sie dadurch Fans aus dem rechten Spektrum verprellen könnten.
So gern man die, nun ja … Kirche im Dorf lassen möchte, sind auch diese musikalischen Sendboten genauso ernst zu nehmen wie satanische Überzeugungstäter, in ihrer Perfidie vermutlich sogar noch heikler, denn wo letztere keinen Hehl aus ihren Absichten machen, kleiden IMPENDING DOOM ihren Kleinmut, ihre Paranoia und Verblendung in kriecherisches Gutmenschentum, besprengen ihre Scheuklappen mit Weihwasser und stellen sich selbst unantastbar beziehungsweise aalglatt getreu dem Motto „noli me tangere“ auf ein Podest. Dieses gerade angesichts der musikalischen Nichtsubstanz ihrer Songs zum Kotzen ungerechtfertigtes Selbstbewusstsein steht auf einer Stufe mit der gesellschaftlichen und politischen Borniertheit des sich ständig ungerecht behandelt fühlenden Ich-Rufers oder Stammtisch-Schwätzers, der Recht hat, weil er am lautesten brüllt.
Letzteres kann das Quartett beziehungsweise Oberpastor Brook Reeves trefflich. Die „pulverized stages“, die man hinterlässt, und die „uber-violence“ der Aftermusik aus den Eingeweiden des Herrn kehren subtiler hervor, wessen Geisteskinder IMPENDING DOOM sind, als es eindeutige Phrasen wie „Anti-Christian un-American“ tun: Gott schütze den US-Hinterwäldler …
Zu solch provinziellen Lippenbekenntnissen passt ein halbballadeskes Konstrukt wie „My Light Unseen“ mit dem huldvoll schmachtenden Ryan Clark von DEMON HUNTER (Echtmetall für Jesus, KAMELOT-Gastsänger) am Mikrofron klingt ungefähr so, als bewürbe sich Chad Kroeger mit einem Post-Irgendwas-Projekt bei Neurot. Ansonsten? Ein Wust aus Stakkatos und Brusttrommeln wie in einem am Rechner modellierten Gorilla-Reservat, wo jeder halbwegs natürliche Klang durch einen Prozessor gejagt wird: in der Tat “scary and eerie sounding“.
FAZIT: „Save us from those who would save us”, würde David Bower singen. Im Hause des Rezensenten läuft jetzt „Impending Dread“ von AUTOPSY, garantiert nicht ideologisch verbrämte, zumal brutale und interessante Musik im Vergleich zu „Baptized In Filth“, einem Werk zum Fremdschämen für Christen wie Core-isten, die für voll genommen werden möchten.
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.07.2012
David Sittig
Brook Reeves
Cory Johnson
Brandon Trahan
Golden Core / ZYX
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29.06.2012