Halleluja, das ist für den aktuellen Status Quo der Gitarrenmusikszene eine andere Form von Retro: JADIS tönen auf ihrem siebten Langspieler so dermaßen nach dem Prog der Neunziger, dass man auf den Kalender schauen muss … doch ist „See Right Through You“ wirklich nur durchschaubare Nostalgie, oder halten die Stücke auch ohne Beschönigung im Gedenken an dereinst, was der Name verspricht?
Immerhin gehören JADIS zu jenen Bands, die kräftig getreten haben, als es daran ging, das alte Ross Progressive Rock im Fahrwasser von MARILLION und Co. wieder in die Gänge zu bringen. So darf man die Messlatte für die neuen Stücke etwas höher anlegen, aber Bandkopf Gary Chandler lässt sich nicht auf Superlative ein, sondern schiebt die ruhige Kugel. An den Opener „Why Can`t I Be Me?“ erinnert man sich hinterher vor allem wegen des ausschweifenden Santana-Gitarrensolos, während „What If I Could Be There“ vor allem wegen des dynamischen Rhythmusspiels gefällt. In „All Is Not Equal“ ist es dann der Aufbau und ausgerechnet das chorische „Hey“, mit dem man zu Bett geht.
Andererseits ist es nicht so, dass die Vocals JADIS' Achillesferse darstellen. „Try My Behaviour“ hat auch hinsichtlich des Gesangs etwas von SUPERTRAMP, und die Ballade „More Than Ever“ fällt gerade wegen Chandler nicht kitischig aus, zumal der irgendwie brodelnde Hintergrund die harmonische Stimmung interessanterweise bricht. Dass das Instrumental „Nowhere Near The Truth“ gleichsam zu den Highlights gehört, stellt keinen Widerspruch dar, denn hiermit lässt sich die eingangs aufgeworfene Frage beantworten: JADIS bleiben eine ganzheitlich integre Band, deren Mitglieder gemeinsam Gutes leisten und es nicht nötig haben, allzu vordergründig zu zitieren, was sie und andere bereits besser gemacht haben. Davon zeugt das leicht elektronisch flirrende „Learning Curve“ (aha!) ebenso wie der neunminütige Titelsong als Abschluss, ein sehr lyrisches, trotz weniger Wort ungemein erzählerisches Stück.
FAZIT: Statt stereotypen Versatz von dereinst zu bemühen oder sich mit aufgesetzter Härte oder Virtuosität ins Nirvana zu spielen, gehen JADIS den ihnen natürlich liegenden Weg zwischen Rock (das bleibt es am Ende immer noch) und hellen Klangtupfern, die sehens- beziehungsweise hörenswerte Gemälde entstehen lassen. Langzeitfreude ist somit also garantiert, auch wenn man vorzugsweise wohl zu den älteren Semestern zählen sollte.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.12.2012
Andy Marlow
Gary Chandler
Gary Chandler
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Just For Kicks
53:50
30.11.2012