Jim Cuddy ist hauptamtlich Sänger von BLUE RODEO, einer hierzulande kleinen Nummer, aber nordamerikanischen Platzhirsche in Sachen Country. Sein drittes Soloalbum, entstanden nach einer Soundtrackarbeit für seine Ehefrau, ist nichts weniger als ein offenherziges Alterswerk für den tatsächlich gepflegten Mainstream.
Erbauendes Uptempo mit Orgel wie „Regular Days“, „What Is So Wrong“ oder „Banks Of The 49“
„Skyscraper Soul“ ist nur im übertragenden Sinn, was der Titel suggeriert, denn Cuddy begehrt nicht übertrieben auf, sondern schildert seine Welt realistisch, was ihn gleichwohl nicht vom Träumen abhält. Mit dem Titeltrack, „Everyone Watched The Wedding“ und den mit Slide Guitar versüßten „Wash Me Down“ sowie „Don't Know That Much“ zeigt er sich vor allem sehnsüchtig. „Ready To Fall“ und „How In The World“ stellen in dieser Hinsicht – der Disziplin erzählende Ballade – keine Tiefpunkte dar, sind aber die schwächsten Glieder der Songkette, weil austauschbar, wenngleich die Texte in gewisser Weise dafür entschädigen, denn wer betagter ist und etwas zu berichten hat, dem lauscht man, auch wenn er sich selbst dabei leidlich spannend begleitet.
Fröhliches oder Jazziges wie „Still Want You“, „Water's Running High“ beziehungsweise „Watch Yourself Go Down“ mit Bläsersatz und urbanem Flair stellt eine verschwindet geringe Minderheit auf dieser Scheibe dar, was sich jedoch keineswegs zu ihrer Last auswirkt. Cuddy erinnert häufiger als einmal an die Elder Statesmen unter den Geschichtenerzählern: Leonard Cohen (die kanadische Herkunft verpflichtet), Chris Rea oder Scott Walker und Gordon Lightfoot.
Nebenbei bemerkt leisten Cuddys Zuarbeiter einen unauffälligen, aber sinnigen Job, wie es sich für Pop Rock – in diesem Fall bedeutet der Terminus nicht, dass wir es mit heiterem, trivialen Schwank zu tun haben – von US-Radioformat geziemt. Mit dem Instrumental „City Birds“ sowie dem ergreifenden Finale „With You“ endet „Skyscraper Soul“ wie es anfing: auf einer konstruktiv nachdenklichen Note. Es kann also helfen, in sich zu gehen, wenn man es mit dem notwendigen Quäntchen Weisheit tut.
FAZIT: Storyteller-Mucke vom Entspanntesten, garantiert ohne ideellen Cowboyhut: Jim Cuddy tut keiner Fliege etwas zu leide und der vom Alltag gebeutelten Seele gut: File under Adult Pop, allerdings allgemeingültig statt Allgemeinplatz.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.07.2012
Bazil Donovan
Jim Cuddy, Colin Cripps
Jim Cuddy, Colin Cripps
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Blue Rose / Soulfood
61:16
06.07.2012