Fünf Jahre brauchten LAVENDER DIAMOND für dieses zweite Album – eine lange Zeit im schnelllebigen Musikbetrieb, insbesondere wenn man wattig weichen Pop spielt wie dieses passend benannte Kollektiv. Süßer geht es nicht, was aber nicht zwangsläufig mit Seichtheit gleichzusetzen ist.
Vorwürfen beugt man prophylaktisch mit Superlativen vor, etwa in Form des als Streicher eingespannten und viel gerühmten Calder Quartet oder durch einen Zuarbeiter von Brian Wilson, der hier fürs Tröten verantwortlich zeichnet. Im einem Intro gleichenden Traumwandel „Everybody's Heart's Breaking Now“ ist von alledem wenig zu hören – ein Eindruck, der bestehen bleibt, denn die Arrangeure hinter „Incorruptible Heart“ üben sich im dezenten Auftragen von Kleister. „Dragonfly“ weicht nicht vom eingeschlagenen Pfad ab, stellt also Becky Starks Sixties-lastige Stimme in den Vordergrund. „Come Home“ gerät, was dies betrifft, zum einzig von akustischer Gitarre begleiteten Höhepunkt des Albums
Abzüglich der modernen (synthetischen) Rhythmusgeber könnte das freudig leichte „I Don't Recall“ aus ebenjener Zeit stammen , und auch „Teach Me How To Waken“ sowie das ein wenig lauter polternde „Forgive“ gemahnen an die Art der Retrospektive, die etwa FLAMING LIPS betreiben: Ein Bein steckt im futuristischen Gewand, während das andere auf kompositorisch alter Erde steht (fast hippiesk: „Oh My Beautiful World“; sakral gospelig: „Just Passing By“), und zwar sehr sicher. Ironische Brechungen bestehen nicht, dafür aber sehr griffige Melodien und angenehm textfokussierte Liedschreibe.
Nur „Light My Way“ verärgert als Dancefloor mit der Vokabel „light“ entsprechender Nährwerttabelle; mit „Perfect Love“ machen es LAVENDER DIAMOND besser, indem sie weit nach hinten schauen, schätzungsweise in die Fifties auf typisch unschuldige, gemischtgeschlechtliche Träller-Duos, bloß wiederum ohne Zynismus. Meinen die das ernst? Jawohl, dieses Project ist nicht der miesmachenden Postmoderne vorbehalten, sondern spielt sozusagen „Everybody's Song“ (vor allem dieser könnte aus Phil Spectors Schmiede stammen), verteilt auf ein Dutzend ungezwungen wirkender Klangkonstrukte.
FAZIT: Schönklang in allen Belangen ist das, was LAVENDER DIAMOND hier an Herz und Ohr legen: „Incorruptible Hearts“ trägt seinen Titel zu Recht, ist ein Fanal für Schwelger und Liebende im vollen Ernst, was man den Machern angesichts ihrer treffsicheren Kompositionen verziehen sei. PREFAB SPROUTs „Swoon“ trifft auf Neko Case? So ungefähr. Oh, wie schööön!
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.11.2012
Rebecca Stark, Steven Gregoropoulos, Jeffrey Rosenberg, Ron Rege, Jr.
ADA / Warner
43:49
30.11.2012