Die Songs sind kürzer geworden, die Ästhetik nicht mehr grau in grau: Auf ihrer dritte Scheibe wagen die Italiener mit dem sinnigen Namen einige Experimente, die nicht immer aufgehen. Tatsächlich sind am Ende nur das zähe Titelstück sowie der letzte Stong typisch für den bisherigen Werdegang der Gruppe.
„Glorification Of The Chosen One“ ist beispielsweise ein auffallend episch harmonischer Beginn, denkt man sich, ehe LENTO rhythmisch in gediegenem Maße querschlagen. Die stoisch bleierne hat das Quintett zum Teil zugunsten dynamischer Drum-Bass-Arrangements abgelegt, was einerseits lobenswert ist, die Tracks aber auch häufig zerfahren klingen lässt. So schlingert etwa das zweite Stück zusammenhanglos zwischen schroffem Geknüppel und Akustik-Einschüben, von den penetranten, fehlplatzierten (so vermessen behaupten wir das jetzt einfach einmal) Dissonanzen ganz zu schweigen.
Mit „Questions And Answers“, „A Necessary Leap“ (Ohrwurm-Riff) sowie „The Roof“ (eine Wall of Sound der originellen Art) gelingt LENTO dieses Experiment trefflicher, weil sie sich auf ein erkennbares Hauptmotiv beschränken, das sie variieren. Ähnliches gilt für „Underbelly“ ein abartig finsteres Highlight, das hart am puren Noise-Wind segelt, bevor „Blind Idiot God“ ein wenig an die mutmaßlichen Hardcore-Wurzeln der Band gemahnt.
Zwischenspiele wie „Inwards Disclosure“ (Rauschen für den Allerwertesten) „Blackness“ mit Jazz-Besen beziehungsweise anderem zarten Klingklang tönen wie in den frühen 2000ern vergessener Post Rock und zerbröseln Die Scheibe noch feiner – als hätte der absichtlich geschwungene Anti-Songwriting-Hammer nicht schon vorgesorgt … aber so negativ sich diese Worte vielleicht anhören mögen, ist die Scheibe nicht zu bewerten, vielmehr spannend und endlich anders, wo LENTO zuvor noch zu fest auf der NEUROSIS-Umlaufbahn klebten.
FAZIT: „Anxiety Despair Languish“ ist das bislang schwierigste und beste Album von LENTO, weil sich die Musiker endlich freigeschwommen haben. Ihr Instrumentalsound ist virtuoser geworden, aber nicht in puncto Fingerfertigkeit, sondern Oberstübchen-technisch – hier sind Weiterdenker am Werk, die man nicht zwangsläufig verstehen, aber bestaunen und respektieren muss.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.10.2012
Emanuele Massa
Giuseppe Caputo, Lorenzo Stecconi, Donato Loia
Federico Lolella
Denovali / Cargo
40:50
26.10.2012