MoonJune wildern gerne im fernen Osten, diesmal in Indonesien, wo das seit 2004 existierende Trio LIGRO die Bedeutung seines Namens auslebt, so man ihn rückwärts liest, denn er bedeutet auf Malaiisch „verrücktes Volk“.
Mit „Miles Away“ huldigt man gar nicht einmal offensichtlich Miles Davis, und „Future“ klingt ebenfalls relativ konservativ nach Fusion, doch ansonsten wird „Dictionary 2“ vor allem von Gitarrist Hamzahs schmutzig rockigem Spiel getragen. Seine Linien klingen nicht protzig schillernd, sondern kantig melodisch, weshalb in manches mit Sechssaiten-Exzentrikern wie Larry Lalonde beziehungsweise Buckethead (ähnlich schmutziger Ton) eint. Richtig atonal wird es jedoch nie, im eröffnenden „Paradox“ bisweilen vielmehr um die Ecke gedacht bluesig, wobei man sich fragen mag, ob der selige Hendrix heute so klänge. Der sehr direkte Live-Sound versetzt den Hörer mitten ins Geschehen, weshalb ihm bei Tempowechseln und Dynamiksprüngen herrlich die Haare zu Berge stehen.
„Stravinsky“, das eine Komposition desselben verarbeitet (mit frickligem Bass-Intro von Johann Sebastian Bach), begeistert vor allem rhythmisch, weil sich Darmawan und Hendy die Bälle fortwährend zuspielen, als müssten sie mindestens einen Hattrick schießen. Hamzah würgt trotz Effekt-Verweigerung bunteste Töne aus seinem Instrument und bleibt dabei zugleich eingängig, wofür eben auch der trotz Variation stete Grundpuls verantwortlich ist. Das unvergessliche Trio um Jonas Hellborg, Jeff Sipe und Shawn Lane ist hier kein vermessener Vergleich.
„Don Juan“ besitzt wie das zu lange und arg geräuschvolle „Bliker 3“ (Soundcheck, oder was?) ganz lichte Momente zum Durchatmen und Anspannen zugleich, denn andauernd täuschen LIGRO einen Ausbruch und und bleiben ihn doch schuldig. Mit ansteigender Lautstärkekurve schälen sich fast traditionelle Pentatonik-Licks heraus – aber eben nur fast, denn dies wäre langweilig. Am anderen Ende der Extreme rangiert das von rasendem Unisono geprägte „Etude Indienne“, in dem immerzu Zitate anderer Künstler aufzublitzen scheinen. Mit dem längsten Stück „Transparansi“ am Schluss empfiehlt sich Hamzah als Klang-Avantgardist der Marke Robert Fripp, nur eben ohne elektronische Elemente, denn dazu ist sein Trio – und das trifft sich ganz wunderbar – zu sehr dem Prinzip „What you hear is what you get“ verhaftet.
FAZIT: Drei Mann, drei Instrumente, no frills – LIGRO klingen zwar nie so, als spielten sie am Limit ihrer Fähigkeiten, geizen jedoch nicht mit instrumentalen Superlativen, wobei der Jazzrock-Fan beachten sollte, das „Dictionary 2“ selten fließt, was die Scheibe anstrengender macht als Quasi-Schwesternalben wie Billy Cobhams „Spectrum“ oder Tony Williams' „Emergency!“.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.10.2012
Adi Darmawan
Agam Hamzah
Gusti Hendy
Moonjune / Soulfood
73:29
26.10.2012