Die Tschechen LOS QUEMADOS zeigen sich auch auf ihrer aktuellen Scheibe als Südamerikaner auf falschem Terrain, doch Latin allein wäre zu kurz gegriffen für den spontanen wie kompositorisch stringenten Jazz der Gruppe.
Ihre Bandbreite erweist sich auf „Sirius“ sogar als noch enormer, gleichzeitig aber auch stimmiger in ihren Elementen zusammengefügt. Das Titelstück beeindruckt mit weitem Spannungsbogen von synkopischen Rhythmen bis zu fließenden Saxofon-Leads. Klingt Bassist Spaleny bereits hier wie der junge Jaco Pastorius, gemahnt das erhabene „Journey Of The Raven Warrior“ wie auch „Hope Street“ vom Arrangement her gar an die Kompositionen der Big Band der Ikone, wenngleich LOS QUEMADOS ihrer Besetzung wegen intimer klingen und eben auch Achtziger-US-Keyboards einflechten.
Vermutlich ist es dem fehlenden Gitarristen zu verdanken, dass die Gruppe niemals willkürlich dudelt, sondern vor allem und ihrer hohen Virtuosität zum Trotz auf Stimmungen setzt. Während „Way Around The World,Fly With Life,Meet A Hen“ in dieser Hinsicht nicht so recht aus den Puschen kommt („The Fog“ gelingt dies als tatsächlich irgendwie neblige Ballade mit ähnlicher Ausrichtung ungleich besser), erweist sich das folgende „Tocador De Violao“ mit Gastsänger als Latin-Highlight ohne unangenehme Lounge-Seichtheit, dafür aber umgekehrt mit wehmütigen Untertönen.
Der „Passion Dance“ ist neben dem verqueren „Felicitation To Felix“ am Ende LOS QUEMADOS' Gesellenstück, was dieses Album anbelangt: Passend zum Titel spielen die Musiker forsch auf und stoßen mit ihren Unisonos (vor allem hier; dieses Stilmittel ist ihnen aber generell zu eigen) unerwarteterweise in Prog-Rock-Gefilde vor – ohne Klampfer wohlgemerkt. Das Saxofon-Solo greift ganz weit zurück zu den Anfängen des Bebop. Etwas aktueller, aber dennoch „vintage“ tönt das stark Funk-lastige „Blue Snow On The Balcony“, bei dem georgelt wird wie bei den frühen Ausläufern dessen, was später Fusion genannt wurde. Die südländischen Einflüsse kommen auf „Sirius“ im Vergleich zum Vorgänger etwas weniger zum Tragen, vor allem während des Samba-tanzbaren „Greetings To Portland“.
Die beiliegende DVD besitzt Kaffeefahrt-Flair, da sie einen Schiffs-Gig wiedergibt, bei dem mit Hemd getrötet und geklimpert wird, dass es eine Freude ist. Die professionelle Aufnahme mit mehreren Kameras bezieht originellerweise auch das Publikum an Theke und Tischen ein – Bar Jazz im besten Sinn und sichtbare Spielfreude … allein zum Hören ja wie angedeutet schon auf dem Album an sich.
FAZIT: „Sirius“ bietet neben hochkarätigem Handwerk und teils sehr bildhaftem (vornehmlich scheint die Sonne) Songwriting auch eine Menge logisch eingeflochtener Improvisationen und vor allem durchweg positive Stimmung, die auch auf dem optischen Bonus der DVD jeglichen Sauertöpfen von der Jazz-Polizeischule Handschellen anlegt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.12.2012
Filip Spaleny
Adriano Trindade
Jan Balek
Ondrej Pomajsl
Jakub Dolezal, Lubos Soukup (Saxofon)
Hevhetia / Hev-Het Tune
64:19 + 66:07
16.11.2012