Viele Reinheitsgebotler finden MAGELLAN furchtbar, aseptisch, unmusikalisch und was nicht noch alles. Man darf das amerikanische Bruderduo aber auch für seine moderne Lesart mitunter allzu anachronistischer Konzepte (Stichwort Prog Rock im Elfenbeinturm) schätzen. Die Wahrheit liegt wie so oft wohl auf halbem Weg zwischen diesen beiden Extremen, und davon legt auch die digitale Veröffentlichung des 2007er Albums „Innocent God“ Zeugnis ab.
Geboten wird darauf typischer US-Prog, brav sauber klingend und dadurch tatsächlich ein wenig kalt. Im Gegensatz zu manchen Briten, die sich den Vorwurf der Distanziertheit ebenfalls machen müssen, kommt auf der anderen Seite des großen Teiches aber bisweilen noch ein Schuss Pomp hinzu, der zumindest MAGELLAN zu einer angenehmen Poppigkeit gereicht. Mancher würde damit penetrant christliche Botschaften verbreiten oder generell auf Pathos pochen.
Anders die Gardners: Rein inhaltlich (siehe auch EXPLORER'S CLUB) wohnt ihrer Musik ein aufklärerischer Charakter inne – entdecken, hinterfragen, nachforschen, also durchaus liebenswerte Maximen. Auf „Innocent God“ kommt im Gegensatz zu den Frühwerken eine angenehme Kompaktheit hinzu, die bereits den Opener „Invisible Bright Man“ abgesehen von seinem leicht nervigen Refrain zum gewinnbringenden Einstieg macht. „My Warrior“ kommt weniger kräftig daher und fußt wie vieles auf der Scheibe auf perkussiven Rhythmus-Arrangement einer- sowie Plastik-Orchester und warmer Orgel andererseits. Macher Trents Stimme hat über die Jahre hinweg an Kraft gewonnen und vermittelt überzeugend Emotionen, zumal die Produktion bei aller Studio-Tüftelei sehr überschaubar und organisch anmutet.
Im Titelstück versuchen sich MAGELLAN an mechanischem Art Rock zwischen Japan und Peter Gabriel, wobei durch die harten Gitarren im Hintergrund eine Industrial-Note hinzukommt. Das Lied gelingt vor allem wegen seiner Gesangslinien. „Found“ spielt wiederum mit den für die Band prägenden Weltmusik-Elementen: Trommeln, üppige Synths und Fretless-Bass. Dazu kann man sich leicht auf ein Schiffsdeck versetzen und unbekanntes Land am Horizont sichten. Das QUEEN-Moment am Ende forciert hinterher die Piano-Ballade „Who To Believe“ mit hörenswertem Text.
„Sea Of Details“ bietet schließlich schwerfälligen Finster-Prog ohne Gesang, dafür aber mit cineastischer Anmutung, bevor MAGELLAN mit „Slow Burn“ wirklich grooven. Ein heavy Riff mit Shuffle-Rhythmus trägt diesen stark nach Eigthies-Arena-Rock riechenden Rauswerfer, der sich grob zwischen DIXIE DREGS light und den euphorischen SPOCK'S BEARD einordnen lässt. Insgesamt handelt es sich bei „Innocent God“ also eingedenk des ebenfalls überschaubaren Vorgängers „Impossible Figure“ um einen entschlackten Neuanfang im Vergleich zu den vorangegangenen vier Scheiben. Jetzt ist es an der Zeit, nachzulegen – aber nicht mit fragwürdigen Interpretationen weltbekannter Klassiker (siehe „Dust In The Wind“) …
FAZIT: MAGELLAN sind seit mehreren Jahren auf dem richtigen Weg, eine glaubhafte Konstante im Bereich des moderneren Progressive Rock zu werden. Vielleicht müsste sich Trent Gardner in letzter Konsequenz aber von allen anderen (Produzenten-)Verpflichtungen loseisen, um das Schiff auf einen die Mehrheit einnehmenden Kurs zu bringen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.05.2012
Wayne Gardner
Trent Gardner
Wayne Gardner
Trent Gardner
Robert Berry
Eigenvertrieb / Download
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18.05.2012