Zurück

Reviews

Maila: Ich liebe mich

Stil: Deutsch-Pop

Cover: Maila: Ich liebe mich

Nichts gegen poppige Rock-Kost. Nichts gegen deutsche Texte. Nichts gegen freche ebensolche. Und nichts gegen starke Frauen am Mikrofon. Diese Dinge, die das Debütalbum MAILAs charakterisieren, können mit der richtigen Umsetzung in ein tolles Ergebnis münden. Doch - ohne groß um den heißen Brei herumzureden - das „Wie“ ist das, was der Scheibe gnadenlos das Genick bricht.

Ohne Frau Kutzscher, die die Songs allesamt selbst komponiert und getextet hat, zu nahe treten und ihr etwas unterstellen zu wollen: Ihr ach so keckes, selbstbewusstes Auftreten wirkt aufgesetzt, verkrampft ins „Sendefähige“ konvertiert und letzten Endes wie die marionettenhafte Ausführung ihrer selbsterschaffenen öffentlichen Person respektive Persönlichkeit. Zudem erscheinen ihre Texte oftmals dermaßen trivial und banal, dass die Sorgenfaltenbildung gefördert wird, und anhand zahlreicher vorhersehbarer Reime ist häufig scharfes Einatmen angesagt.

Das wäre alles gar nicht wirklich schlimm, zumal es unzählige Bands gibt, die mit noch banaleren, noch trivialeren Texten zu Werke gehen. Die machen jene Unzulänglichkeiten in vielen Fällen wenigstens mit packender Musik wieder wett. Tragischerweise bleibt MAILAs Musik über weite Strecken nichtssagend. Wenn Jessi, wie sie sich selbst nennt, doch eine Frau mit Ecken und Kanten ist, wieso ist dann das akustische Treiben um sie herum so glattpoliert und auf leichte Konsumierbarkeit getrimmt? In ihren rockigsten Phasen, zum Beispiel im Refrain des Openers „Sexy“, entwickelt die ganze Sache einen Sound, der stark an den saubergeleckten Kaugummi-Poprock einer MILEY CYRUS erinnert, als diese noch brave Konservenkost für präpubertäre Mädchen veröffentlichte. Doch auch sonst regiert auf „Ich liebe mich“ austauschbare, angepasste Ware.

Kann die vermeintliche Powerfrau wenigstens stimmlich etwas reißen? Nein, denn wenngleich die gute Dame über eine ganz passable Range verfügt, wirken ihre Vocals meist dünn, besonders aber äußerst beliebig. Wo ist das Freche, das sie offensichtlich ausstrahlen soll? Wo ist die Rotzigkeit, der vertonte verbale Schlag in die Magengrube? Soll „Zicke“ ein Denkzettel sein? Falls ja, wieso wird dieser mit türkisblauer Tinte in Schönschrift auf viel zu niedliches Briefpapier geschrieben?

Gegen MAILA ist NENA Streetpunk, sind SILBERMOND Gothic Metal, sind JULI revoltierende Liedermacher, ist LUCILECTRIC Death Metal und Micaela Schäfer eine beinharte Feministin. Doch offensichtlich wird hier ohnehin eine Klientel angesprochen, die wohl eher eine verschwindend kleine Schnittmenge mit unseren Lesern bildet. So darf man in den „Key Facts“ von Dingen lesen wie: „Von der NDR 2-Musikredaktion als aussichtsreichster Newcomer gewählt“, „Auftritte bei Hitradio RTL, MDR Jump, (...) Antenne Bayern“, „Airplay in den McDonald's und Burger King-Filialen“, und „...für die REWE-Family-Tour 2012 geplant“ lesen. Und ob es unbedingt der Karriere des Quartetts förderlich ist, in den etwa 30 Tourdaten angegebenen Gigs auch die rund 20 Auftritte auf irgendwelchen Stadtfesten, Märkten und sonstigen Bierzelt-Events anzugeben? Hmm.

FAZIT: Was sich als bissiger Hund präsentiert, entpuppt sich als zahmer, zahnloser Wauwau.

Punkte: 4/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.05.2012

Tracklist

  1. Sexy
  2. Jetzt und hier
  3. Ich liebe mich
  4. 1-2-3
  5. Verstanden
  6. SOS
  7. Was du wirklich denkst
  8. Es ist okay
  9. Zicke
  10. Er ist weg
  11. Wer bist du?
  12. Die Zukunft wird geil

Besetzung

  • Bass

    Nico Hanschick

  • Gesang

    Jessica Kutzscher

  • Gitarre

    Jessica Kutzscher

  • Keys

    Jessica Kutzscher

  • Schlagzeug

    Benjamin Richter

Sonstiges

  • Label

    G Records

  • Spieldauer

    51:45

  • Erscheinungsdatum

    08.06.2012

© Musikreviews.de