Leider muss ich diese Kritik mit einem Vorwurf an mig-music.de beginnen. Dieses Label hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte Deutschrock-Klassiker in Neuauflagen zu veröffentlichen, wofür ihnen höchste Anerkennung gebührt. Doch warum müssen gerade bei NOVALIS die Alben veröffentlicht werden, die mit „Flossenengel“ ja noch Kult, mit „Augenblicke“ schon biedere Pop-Kost und spätestens mit „Bumerang“ schlagerhafter Peinlichkeitsschrott sind. „Banished Bridge“ - das wäre was gewesen oder die unmittelbaren Nachfolger, auf denen diese Band ihrem Namensgeber nacheiferte.
Nun aber sitze ich vor diesem „Bumerang“, das man so weit wie möglich wegwerfen sollte – in der großen Hoffnung, dass es seinem Namen nicht alle Ehre erweist und wieder zurückkehrt! „Nimm meine Hand und halt mich fest für immer“, solcher Schiet wird gleich im ersten Song in Endlosschleifen-Manier wiederholt, wobei der einzig positive Aspekt noch das Saxofon ist, bis NDW-Elektro-Pop auch ihm den Garaus macht. Doch keine Angst, es kommt noch schlimmer, auch wenn man das kaum zu glauben vermag.
„Renn' nicht an mir vorbei, gib dich einfach frei – setz dich zu mir, sei so, wie du fühlst – wichtig ist, dass wir zusammen sind, alles tun, was Spaß bringt – Du ich hol' dir jeden Stern, verbrenn' für dich mein Herz, wenn du mir den Augenblick schenkst.“ Zu dieser lyrischen Quirlkacke gibt’s natürlich die passende Musik, die sogar NENA noch als Musik-Göttin geadelt hätte. Außerdem werden spätestens jetzt die schlimmsten Befürchtungen aller Kritiker, die an den Textqualitäten eines Herrn MÜHLBÖCK zweifelten, endgültig bestätigt. FRED MÜHLBÖCK tritt dem lyrischen Namensgeber der Band mit aller Gewalt in den Hintern und besudelt dessen Namen mit Brechreiz-Lyrik. Und genauso singt er auch. Schlagerhaft – so als würde er unbedingt bei Dieter-Thomas Hecks Hitparade einem Howard Carpendale oder Roger Whittaker die Show stehlen wollen.
Vielleicht wäre der Novalis-Keyboarder LUTZ RAHN ja noch eine letzte Hoffnung gewesen, um diesem Schlager-Album den musikalischen Hals umzudrehen. Doch der zieht sich zurück und steuert mit „Über Stock und Stein“ und „Espresso“ zwar noch zwei belanglose Elektro-Pop-Instrumentals, aber zumindest keine hochnotpeinlichen Fremdschäm-Songs bei. Das dritte „Bumerang“- Instrumental, diesmal tatsächlich von Mühlböck komponiert und mit ein paar E-Gitarren gespickt, kann da auch nicht mehr viel retten, obwohl es im Grunde der beste Song geworden ist, der auf einem anderen Novalis-Album gerade noch so hätte bestehen können.
„Horoskop“ klingt dann wie ein „Ole, wir fahren in den Puff nach Barcelona“-Hit und dreht sich um die Oberflächlichkeit von Horoskop-Lesern, denen die privaten Chancen wichtiger sind als die „bösen“ Zeitungs-Nachrichten. Allerdings wäre das Lesen von Horoskopen im Falle dieser Musik noch aufregender als jede einzelne Note auf „Bumerang“.
Da ist für mich als (K)Ossi wirklich jedes PUHDYS-Album um Längen besser … und die haben wirklich auch schon zu DDR-Zeiten jede Menge Schrott verzapft!
FAZIT: „Bumerang“ hat nichts mehr mit Romantik, sondern nur noch mit Schnulze zu tun. Höchste Punktzahl auf der Peinlichkeits-Skala. Nur die wirkt sich bei unserer Bewertung genau umgekehrt aus! „Talisman in meiner Hand, bringst du mir Glück – bist du ein wertloses Stück?“ Genau! Dieses Album ist wertlos, weil sich eine von mir ehemals heiß geliebte Band hiermit endgültig selbst demontiert hat!
Punkte: 2/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.10.2012
Thissy Tiers
Fred Mühlböck
Detlef Job, Fred Mühlböck
Lutz Rahn
Hartwig Biereichel
Fred Mühlböck (Saxofon & Flöte)
M.I.G. Music
39:19
29.09.2012