Auch wenn sie aus den auf dem Cover platzierten Obelisken wachsen: Steinpilze sind das sicher nicht. Der Rest des Covers und der kryptisch geschriebene Bandname OBELYSKKH machen sofort klar, dass diese Musik sich durchaus als Beilage zum Genuss bewusstseinsverändernder Substanzen eignet. Muss aber nicht sein. Man kann auch einfach sauber bleiben und die Musik dieser vierköpfigen Formation wirken lassen, die mit "White Lightnin'" ihr zweites Album vorlegt.
Die seit 2008 existierende Truppe aus dem Raum Nürnberg besteht durchweg aus erfahrenen und mehrfach beschäftigten Musikern, die eine große stilistische Bandbreite in den Sound einbringen. Dennoch erstaunt es, dass OBELYSKKH trotz ihrer spärlichen Öffentlichkeitsarbeit und des nicht eben leicht verdaulichen Psychedelisch Doom Sounds bereits eine Vielzahl von Konzerten absolviert haben. Die dabei gesammelte Erfahrung schlägt sich auf "White Lightnin'" nieder.
Keine Ahnung, wo die Burschen überall aufgespielt haben, mir kommt bei der Musik auf jeden Fall eine Reise zum Mars in den Sinn. "The Enochian Keys" ist eine trippige Einleitung, die mit nahöstlichen Klängen der Gitarren die Karawane ins Doomland anführt. "Elegy" startet als mittelflotter Rocker und erinnert zunächst an CATHEDRAL, bevor das Tempo gegen Ende rausgenommen wird und ein Zeitlupenriff in meditativen Wiederholungen die Überhand gewinnt.
Bereits hier ist klar, dass man für OBELYSKKH eine gute Portion Konzentrationsvermögen benötigt, ansonsten sind Klagen über Langeweile wegen fehlender Ideen vorprogrammiert: Die Tracks schnuppern oft an der zehn Minutengrenze und verfügen über extrem große Spannungsbögen, die nachzuvollziehen der Hörer immer wieder herausgefordert wird. Außerdem merkt man den Franken an, dass sie große Freude am Klang haben. Immer wieder türmen sich zusammengejammte Riffgebirge in den Lautsprechern auf, dröhnende, fiepende Gitarren und feine Retroklänge aus dem Synthesizer formen eine akustische Marslandschaft. Karg, fremd und doch irgendwie fesselnd.
All das findet sich auch in "The White Lightning", der auch vom Grundsound stärker an verschrobene 70er-Kapellen erinnert. "Mount Nysa" kommt dagegen wieder etwas flotter daher und entwickelt dank des markanten Main Riffs sogar Ohrwurmqualitäten. Angenehm fällt hier und beim Schlusstitel außerdem Malte Seidel (BLACK SHAPE OF NEXUS) auf. Sein starker Gesang ist ausnahmsweise nicht mit Effekten verschleiert und hilft, den Nebel um die Songs zu lichten.
"Amphetamine Animal" ist ebenfalls ein abgedrehtes Rockstück mit Sludge- und Stonerelementen, das in wabernden Effekten seinen Ausklang findet. Mit "Abysmal Desert Cavern" machen OBELYSKKH sogar noch einen Abstecher in treibende Space Rock-Gefildel, bleiben aber spröder und weniger melodisch als HAWKWIND. Der Song endet mit einem gewaltigen Ritardando, als hätte die gesamte Band die Bremsfallschirme gezogen. Mit "Invocation To The Old Ones" kehrt das Quartett aus Synthie-Untiefen kurzzeitig wieder zum Karawanenthema des Eröffnungsstücks zurück (siehe Stichwort Spannungsbogen), das schließlich weiter elektrifiziert wird und sich einmal mehr in Richtung HAWKWIND verneint.
FAZIT: Einen spielerisch ausgereiften Weltraumtrip bieten OBELYSKKH mit "White Lightnin'" an. Der Sound der Platte ist angenehm roh und doch kontrolliert. Für Leute mit langem Atem, Spaß am Klang an und für sich, Interesse an psychedelischen, doomigen und wuchtig rockenden Sounds und einer gewissen Affinität zum Underground ein gefundenes Fressen. Wem das zu strange ist, der kann ja Pilze sammeln gehen...
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.09.2012
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Exile On Mainstream Records
63:24
28.09.2012