Mit "Thaumiel" veröffentlichen die Schweden OFERMOD ihren zweiten Longplayer. Die Band um Vordenker Mika Hakola aka Michayah Belfagor wird gemeinhin dem orthodoxen Black Metal zugeordnet - sprich, die spirituellen Inhalte der Texte sind nicht bloß Mittel zum Zweck, sondern dienen dem Ausdruck des persönlichen Glaubens. Dieser ist in der kliffothischen Kabbala, der mystischen Tradition des Judentums, dem sumerischen Chaos-Gnostizismus und dem drakonischen Sethianismus verwurzelt, also den Pfaden, auf denen (teilweise) auch Musiker von THERION, WATAIN, THE DEVIL'S BLOOD, SATURNALIA TEMPLE und anderen unterwegs sind.
"Thaumiel" steht in der Kabbala für Gottes Zwilling, diesem wird als Dämon die Figur Satan zugeordnet - nur um mal den Titel kurz zu erläutern. Die Songtexte sind teilweise von anderen Gesinnungsgenossen wie dem italienischen Autor Alberto Brandi, Yiannis K. von SERPENT NOIR aus Griechenland, Tommie Eriksson von SATURNALIA TEMPLE, Konstantin Papavassilou von KAAMOS und dem Dragon Rouge-Gründer Thomas Karlsson verfasst worden, was die enge Verknüpfung innerhalb dieser Kreise aufzeigt. Der unbedarfte Hörer wird jedoch aus den Texten kaum schlau werden, zumal es von spirituellem Fachvokabular nur so wimmelt. Dass jedoch der Opener "Sisters Of Rapture And Pestilence" eine sexuell-rituelle Komponente beinhaltet, ist wiederum kaum zu überlesen.
Wozu der ganze Abwasch über die Inhalte und Texte? Man muss den Gedanken nicht teilen, aber wenn ein solcher Hintergrund vorhanden ist, bekommt die dazugehörige Musik in gewisser Weise mehr Tiefgang. Oder auch eine authentischere Wirkung. Wenn Musik für den Musiker selbst mehr wird, als die handwerkliche Umsetzung einer künstlerischen Idee, so scheint auch das Ergebnis mehr zu sein, als gute Musik. Man muss das nicht nachvollziehen, zumal das auch ein sehr subjektives Erleben ist, aber Bands wie WATAIN und THE DEVIL'S BLOOD belegen dies eindrücklich - zumindest meinem Empfinden nach. Selbst wenn man die Inhalte nicht teilt, so ist die Ganzheitlichkeit, die über Musik und Texte noch hinaus geht, beeindruckend und fesselnd.
Zurück zu OFERMOD und "Thaumiel". Der Black Metal der Schweden hat noch immer einen starken Death-Metal-Einschlag, der mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt ist. Der schleppende Opener, von schamanenhaften Gesängen eingeleitet, bewegt sich genau zwischen beiden Genres und verzichtet trotz Doublebass-Einsatzes auf schwarze Raserei. Mystische Chöre und Perkussion sorgen für rituelle Atmosphäre und kommen auch im weiteren Verlauf immer wieder zum Einsatz. Der krächzende, ab und zu leicht manisch wirkende Gesang vom neuen Sänger JK passt gut zur Musik, auch weil hysterische Raserei, die extremstes Gekreische bedingen würde, die Ausnahme bleibt. "Black Gate" variiert das Tempo stärker und hat von ruhigen Momenten bis zu Blastbeats viel zu bieten, das gilt in ähnlicher Form auch für "Prayers Unto Warped Eternities". "Calling Of Setnacht: Twofold Triunity" ist der erste Höhepunkt auf "Thaumiel", hier trifft die Epik von IMMORTAL auf kalte Aggression, einen gelungenen Sprechgesangspart und rockige Melodien.
Mit Melodien gehen OFERMOD ansonsten vergleichsweise sparsam um, ohne sie aber zu vernachlässigen. Rhythmus- und Leadgitarren drängen sich zu keiner Zeit in der Vordergrund, sondern legen im Zusammenspiel mit dem kreativen Drumming ein wirkungsvolles, hartes und oft direkt in den Nacken gehendes Fundament. Das ruhige "Undead Moon" kommt überraschend in einem Deathdoom-Gewand daher, SHINING-Frontmann Niklas Kvarforth steuert hier gelungenen Klargesang bei. Zum Ende hin zieht bei den letzten drei Songs der Härtegrad deutlich an und man ergeht sich verstärkt in schwarz-metallischer Boshaftigkeit. Das mit hymnischem Zwischenpart versehene "Chained To Redemption" kommt nicht von ungefähr sehr klassisch schwarz daher, der Song stammt von der kultisch verehrten Single "Mystérion Tés Anomias" von 1998 und wurde nochmal neu aufgenommen. Ein Wort noch zur Produktion, die MARDUKs Devo übernahm; die ist klar, basisch und trocken und damit weder zu aufgeblasen, noch zu unproduziert.
FAZIT: OFERMOD agieren weniger zerstörerisch als WATAIN, aber auch weniger auf ein Songwriting mit Ohrwurmpotenzial ausgerichtet. Die spirituelle Komponente ist hoch und in der Musik spürbar, man muss sich jedoch aufmerksam mit "Thaumiel" befassen, damit es sich entfalten kann.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.11.2012
R. Fjäll
JK
JK, Mika Hakola
S. Samuelsson
Spinefarm / Soulfood
47:37
02.11.2012