Dieses Livealbum entstand zum feierlichen Anlass im Prager Schloss zu Ehren des Präsidenten Václav Klaus,der mithin für die Unabhängigkeit von Tschechien verantwortlich zeichnete. Der Bassist und seine „Fischer“ treten hierbei in erweiterter Besetzung auf und bieten Auszüge ihres Repertoires in zum Teil neu arrangierten Fassungen dar.
Nach der mündlichen Einführung des Geehrten geht das Ensemble gleich in die Vollen: Rybas Bass prägt die Musik seiner Combo naturgemäß stark, doch schon im fast viertelstündigen Einstieg „Morálne nahore bez“, einem hypnotischen, aber forschen wie enthusiastischen Ritt durch die Fusion-Geschichte, setzen gerade auch die Bläser Glanzpunkte, auch weil sie fürs melodische Hauptmotiv verantwortlich zeichnen. Gitarren- und ein dezentes Basssolo sind dabei nicht ausgeschlossen bevor man sich im Big-Band-Stil mit einer Reprise verabschiedet.
„Jeste jsem to nedostala“ beginnt lautmalerisch mit Saxofon und Klarinette, ehe der Namensgeber zur Begleitung einsteigt. In Folge täuschen The Fish Men vor, sich auf einen Percussion-Sturm gefasst zu machen, doch das Stück stellt sich als gefühlvolle Ballade heraus, die nur zum Ende hin mit Akkordeon und Lead-Bass konträre Akzente setzt. Dem würdevollen Themenabend wird dies aber gerechter, als es etwa bei funkigem Gezappel der Fall wäre – das es dann aber doch gibt, nämlich wie auf dem Studioalbum „Morally Topless“ mit Thelonious Monks „Straight No Chaser“, das hier mit Gesang, aber nicht in der geläufigen Textfassung daherkommt, denn Petr Valásek schnattert wie der Teufel.
„Co pyje ta pani“ fällt dann aber zumindest heiter beschwingt aus, eine Art Mainstream-Ausführung der Musik von Joe Zawinul mit Gesang. Auch wenn sich Valásek in seiner Muttersprache äußert, fühlt man sich an die Scats von Richard Bona erinnert, auch weil der bassige Hintergrund entsprechend hibbelig ausfällt. Zum Schluss hat sich die Gruppe fast in rockige Gefilde verstiegen, findet aber erneut zurück zum Kernthema, was in seiner Intensität berechtigten Applaus einheimst.
Auch in der Ballade „Drobná zraneni“ brilliert der Sänger mit einer emotionalen Darbietung, und die Gruppe hält sich entsprechen zurück, bis ein aufwühlendes Finale ansteht. Das ebenfalls sachte „Zítra bude líp“ bestreitet Ryba zunächst im Duett mit Valásek, dann gesellen sich die Perkussionisten, schließlich der Drummer und Gitarrist hinzu, was eine rasante Jazzrock-Abfahrt mit Saxofon- und Akkordeon-Spitzen garantiert – klanglich und spielerisch gemeinsam mit dem letzten Stück ein sehr origineller Höhepunkt. „Skocná“ besitzt ein markantes Abwärtsmotiv und klingt zu gleichen Teilen begeisternd südländisch wie heavy. Am Ende ist sinnigerweise keine Steigerung mehr möglich.
FAZIT: „The Castle“ bietet Fusion von Feinsten im authentischen Live-Ambiente, gespielt von Spitzenmusikern mit hörbarer Lust am Austoben und einem aberwitzigen Sänger, der den für sich genommen ohnehin individuellen Stücken zusätzlichen Charakter verleiht.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.09.2012
Pavel J. Ryba
Petr Valásek
Fredy Bittner
Mikolás Nop, Jiri Kollman, Martin Linhart, Dr. Boss
Petr Valásek (Bassklarinette) , Tomás Kremenák (Akkordeon) Milan Krajíc, Tomás Kremenák (Saxofon)
Hevhetia
76:49
01.02.2010