Das letzte, phantastische, selbstbetitelte Album war vor nicht allzu langer Zeit mit viel Wohlwollen bedacht worden, doch letztendlich war der sehr sterile Sound des Mathematikexkurses dieser Kapelle rund um den Quasi-Erschaffer des Modebegriffes „Djent“, nämlich Gitarrist Misha Mansoor, vielen Hörern ein Dorn im Ohr. Die können aufatmen, denn „Periphery II: This Time It‘s Personal“ bekam einen deutlich organischeren Gesamtklang verpasst.
Musikalisch wollen sich die Amerikaner ähnlich wie die britischen Kollegen TESSERACT nicht einzig und allein auf polyrhythmisches und polymetrisches Rhythmusgeschiebe festlegen, sondern reichern ihre zweite Vollzeitplatte noch mehr als den Erstling mit poppigen, elektronischen, progmetallischen und jazzigen Elementen an. Hier und dort finden sich sogar regelrecht straighte Passagen, und auch hinsichtlich Melodiosität hat das Quintett ordentlich zugelegt – zwar war die Stilmixtur auf dem Debüt nicht viel anders, doch es fällt auf, dass der Fächer noch weiter geöffnet wurde. Und das ist das, was diese Kapelle klar von MESHUGGAH unterscheidet: Während die schwedischen Genrekollegen bei Experimenten meist eine gewisse Zaghaftigkeit an den Tag legten und einen gewissen Horizont nie überschritten haben - im Gegenteil, fast ist „Koloss“ ein Nummer-Sicher-Album, wenngleich ein gutes -, strecken PERIPHERY ihre Fühler immer wieder weit aus und schauen, was machbar ist.
Den größten Entwicklungsschritt der beteiligten Musiker hat wohl Sänger Spencer Sotelo vollzogen, denn gerade in den zahlreich vertretenen Klargesangspassagen hat sich der Gute einiges an stimmlicher Sicherheit, Notenspektrum und Feeling draufgeschafft. Manchem mag sein Gesang dadurch vielleicht zu „emo“ geworden sein, doch wer sich um Genregequatsche nicht schert, wird Sotelo schlichtweg Können attestieren.
Auch sind die Songs um einiges schlüssiger als die des Debüts, und was die atmosphärischen Einlagen der Scheibe betrifft, so wirken diese cineastisch anmutenden Parts um einiges intensiver. Auch in puncto Tiefe haben sich PERIPHERY klar weiterentwickelt. Und das ist nicht gerade einfach, wenn man bedenkt, welch heterogener Stilmix hier vorzufinden ist. Ein paar Gäste garnieren den fast siebzigminütigen Longplayer. zwar noch mit tollen Soli, doch auch ohne diese wäre „Periphery II: This Time It‘s Personal“ kein Iota schwächer.
FAZIT: Der Fünfer lieferte 2010 ein tolles erstes Album ab, und mit diesem neuen Full-Length-Nachfolger haben die Jungs ihren Erstling in allen Belangen getoppt. So einfach kann es sein.
Ach ja: Für 2012 ist noch ein weiteres Konzeptalbum namens „Juggernaut“ geplant
Doof: Uns raffgierigem, kleinkriminellem Journalistengeschmeiß wurden die Bonustracks der beiden Editionen selbstverständlich vorenthalten, daher kann Euch Euer Lieblingsverbrecher nichts zu „Far Out“ und „The Heretic Anthem“ sagen.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.07.2012
Adam Getgood
Spencer Sotelo
Misha Mansoor, Jake Bowen, Mark Holcomb, Adam Getgood
Matt Halpern
Bave Wevends (zusätzliche Gitarren, Synths, Electronica), Misha Mansoor (Programming), Lezlie Smith (Cello), Alice McIlrath (Violine)
Century Media
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29.06.2012