DEINE LAKAIEN und WOLFSHEIM haben (oder hatten, je nach Sichtweise) einige Gemeinsamkeiten. Beide Bands sind Duos (zumindest im Kern), mit Alexander Veljanov und Peter Heppner haben sie beide unglaublich gute Sänger, die beide auch solo unterwegs sind. Während bei DEINE LAKAIEN aber immer noch rege Aktivität herrscht, sind WOLFSHEIM nach längerem Rechtsstreit faktisch tot, zumindest in der Besetzung Reinhardt/Heppner. Auf Heppners Stimme muss man aber gottlob nicht verzichten, denn seine Solokarriere verfolgt er weiter und so erscheint nun sein zweites Album "My Heart Of Stone".
Nach eigener Aussage war sein erstes Soloalbum, pragmatisch "solo" betitelt, der unbewusste Versuch, sich auch musikalisch vom noch nicht beendeten Kapitel WOLFSHEIM zu distanzieren. Das hat PETER HEPPNER nun hinter sich und dementsprechend fühlt er sich frei, genau die Musik zu machen, die aus seinem Inneren kommt. Und die ist eingängig, größtenteils elektronisch und trotz der Tatsache, dass der Pop groß geschrieben wird, angenehm düster und emotional. Das wird vor allem WOLFSHEIM-Fans freuen, denn "My Heart Of Stone" erinnert eben nicht nur wegen der Stimme an die Band, sondern auch wegen der Musik. Das wird direkt nach dem Introsong deutlich, denn das textlich pessimistische "Give Us What We Need (Truth Is Not The Key)" ist nichts anderes, als zerbrechlich anmutender Synthiepop und gibt die Richtung, in die das Album grundsätzlich geht, gut vor. Dabei blickt PETER HEPPNER aber auch immer wieder nach links und rechts, integriert Gitarren (besonders deutlich im rockigen, kämpferischen "I Won't Give Up", mit leichter Indienote in "Cry Tonight") oder lässt es wie in "God Smoked" auch mal experimenteller zugehen, ohne jedoch auf Eingängigkeit zu verzichten. Bei "Letter From Africa" übertreibt er es dahingehend aber auch ein bisschen.
Manch einer wird sich auch mit der Single "Meine Welt" nicht wirklich anfreunden können. Ein kindlich-naiver Text, simple "dadadam dadadam"-Gesangspassagen und zum Ende hin dramatische Streicher - ja, der Song ist kitschig, aber er ist auch soooo schön - gerade weil er so naiv ist, wie er ist. Als Bonustrack gibt es einen "Kids Edit" der Nummer, bei der einige Kinder den Song singen, bevor Heppner selber mit einsetzt. Das ist dann schon zu viel Zuckerguss, aber immer noch in sich stimmig. Der zweite Bonustrack hat den seltsamen Titel "Alles klar! - Lied für Wettkämpfe" und klingt so, als hätte Heppner den Auftrag bekommen, eine Sporthymne für die anstehende Fußball-EM zu schreiben. Man darf sich also nicht wundern, wenn man seine Stimme demnächst öfter mal bei ARD und ZDF zu hören bekommt.
Wer es melancholischer, ans Herz gehender mag, kommt - der Albumtitel legt es ja nahe - auch voll auf seine Kosten. "Deserve To Be Alone", im Duett mit Kim Sanders gesungen, lebt von seinem bitteren Text und der sehr schwermütigen Stimmung, "Whenever I Miss You" ist dagegen großer Drama-Pop. Und wer gerade eine Trennung hinter sich hat, sollte das spärlich instrumentierte, traurige "Noch nicht soweit" skippen oder schon mal eine Packung Taschentücher aufmachen. Ebenfalls sehr ruhig und dabei der introvertierteste Song ist das fragile "A Love Divine", bei dem Heppners Gesangslinien sich weniger stark einprägen, als bei den anderen Songs. Zwischendurch gibt es drei stimmungsvolle Instrumentale, das Album endet offiziell dem "Prologue" entsprechend mit dem "Épilogue". Dass "My Heart Of Stone" soundtechnisch keinerlei Wünsche offen lässt, ist bei einer Majorproduktion zu erwarten.
FAZIT: Ich habe selten eine Stimme gehört, die eine so entspannende, beruhigende und wohltuende Wirkung auf mich hat, wie die von PETER HEPPNER. Das geht so weit, dass jegliche Objektivität mich verlässt, wenn es darum geht, seine Musik und somit "My Heart Of Stone" zu beurteilen. Vielleicht ist es hier und da trotz der Rückbesinnung auf die eigene musikalische Historie ein bisschen zu sehr auf Mainstream gestriegelt - es ist mir egal. Ich höre trotzdem nur Songs, die mindestens gut sind, meist aber noch viel besser. Und dafür gibt es eben 13 Punkte - in meiner Welt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.05.2012
Universal
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18.05.2012