Eine steile Karriere legt Petter Carlsen derzeit hin. Vor drei Jahren brachte der Norweger sein Debüt-Album „You Go Bird“ heraus. Kurz darauf wird er von ANATHEMAs Danny Cavanagh entdeckt, was dazu führt, dass Carlsen als Gastsänger auf „Weather Systems“ zu hören ist und bei der darauffolgenden Tour als Support für die Briten vor größerem Publikum spielen kann. „Clocks Don’t Count“ erscheint schließlich 2011 in Norwegen und fährt äußerst positive Resonanzen ein. Ab Juni 2012 macht das Label „Function Records“ das Album dem Rest Europas zugänglich.
Melodramatisches Singer-Songwriter-Material mit Indie-Flair zelebriert Petter Carlsen, wobei seine hohe, klare Stimme bar jeder Weinerlichkeit auf die Suche geht nach Verlorenem und der klaren Sicht auf die wirklich wichtigen Dinge. Wer nach Betrachten der Coverabbildung auf Mann-mit-Gitarre-Stoff hofft, wird bei „Clocks Don’t Count“ nicht fündig. Das Album ist zusätzlich reichhaltig instrumentiert mit Schlagzeug, Piano, Cello, Mellotron, Violine und Trompete. Mit Sounds zugeklatscht wird hier jedoch nichts, die Arrangements tönen luftig und entspannt.
Die berüchtigten Anspieltipps sind schwer zu geben. „Table For One“ bezaubert mit hypnotischem Rhythmus und dunklem Hm-hm-hm-hm-Männerchor, welchen die Streicher wie majestätische Wellenberge mit sich tragen. „Spirits In Need“ ist der Hit des Albums. Die melancholisch-betörende Melodie prägt sich unmittelbar ein und reißt den Hörer mit bis zum sich auftürmenden Drama-Finale. Über jeder Komposition schwebt eine nachdenkliche Schwermut, die nicht zu peinlicher Pose verkommt, denn Petter Carlsen komponiert lieber mit dem Herzen als mit der Lesebrille über dem Lyrikband.
Als weiterer Tipp sei „Even Dead Things Feel Your Love” genannt, dessen ruhige Stimmung wunderbar durch die berühmte einsame Trompete aus der Blues-Kneipe intensiviert wird. Bei „A Simple Reminder“ zeigt sich Pettersen gesanglich regelrecht exaltiert, während die Gitarren beinahe symphonisch aufbranden. Das Instrumental „Cornerstone“ beginnt mit ruhiger, langsamer Gitarrenmelodie. Die ständig wiederholte und stets leicht variierte Tonfolge wird schließlich durch Streicher und Keyboards verstärkt, bis nach dem tosenden Finale das mühsam errichtete Gebäude wieder in sich zusammenfällt. Tönt hier ein wenig Post-Rock durch?
FAZIT: Petter Carlsen hat sich seine Lorbeeren verdient. Mit leichter Hand schreibt der Norweger musikalische Elegien in der perfekt austarierten Schnittmenge aus Singer-Songwriter, Indie und Folk mit einer ganz leichten Post-Rock-Note. Das ist nicht Musik zum Träumen, sondern Zuhören.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.05.2012
Glenn Phillip Nilsen
Petter Carlsen
Petter Carlsen, Christer André Cederberg
Bernt André Moen
Wetle Holte
Unni Wilhemsen (Gesang), Elisa Herbig (Cello), John Mehus (Violine), Anders Hofstadt Sørås (Pedal steel), Sjur Miljeteig (Trompete), Vincent Cavanagh (Gesang, Mellotron)
Function Records/Cargo
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25.05.2012