Im August 2011 spielten QUANTUM FANTAY auf dem Fonnefeesten in ihrem belgischen Heimatort Lokeren. Das Ergebnis ist seit Ende letzten Jahres, plus nachträglich eingearbeiteter Flötentöne, unter dem Titel „Bridges Of The Old Fishingmine“ erhältlich.
Mit Ausnahme eines Stückes steht das komplette aktuelle Studiowerk „Bridges of Kukuriku“ im Mittelpunkt der Show, gerahmt von älteren Songs. Da blubbern die Synthies, dass es eine Wonne ist, die Gitarre darf auch mal härtere Töne anschlagen, und die Rhythmusfraktion legt sich ordentlich ins Zeu. Live sind die vier Belgier eine Bank. Die Publikumsresonanz wurde entweder weitgehend ausgeblendet oder die Anwesenden hielten sich arg bedeckt, was angesichts der stellenweise mitreißenden und in die Beine und Füße gehenden Performance etwas verwunderlich wäre.
Natürlich haben die OZRIC TENTACLES ihre Spuren in der Musik hinterlassen, doch QUANTUM FANTAY spielen akzentuierter, hymnischer, schärfer als die trippige Konkurrenz. Einzug finden kleine weltmusikalische Skizzen, progressive Techno-Sounds (ganz dezent), kurze Szenen aus der Flipperhalle (erinnert sich noch jemand daran?) und manchmal darf die Musik auch entspannt vor sich hin fließen. Ist aber eher selten.
Der freundliche Online-Record-Store von nebenan zieht als Vergleich, neben den erwähnten Tentakeln, sogar AYREON, PORCUPINE TREE und DREAM THEATER heran. Das ist doch etwas zu hoch gegriffen. PORCUPINE TREE gehen wegen einiger ähnlich gelagerter Drum’n’Bass-Gitarren-Attacken so eben in Ordnung, zumindest bruchstückhaft, AYREON in Space dito, aber DREAM THEATER gar nicht. Dafür ist die Musik aus Flandern viel zu freundlich und harmlos verspielt. Mir fiel eher eine Art RICK WAKEMAN mit Geschmack und Zurückhaltung ein, der mit nahezu gleichberechtigten Mitmusikern ins All fliegt. Oder so.
Schöne Platte, die allerdings noch mehr gewinnen würde, wenn Flötist Charles Spa fester Bestandteil des Live-Ensembles wäre. Ohne ihn und die optische Präsenz der Band könnten 80 Minuten gesanglose Spielzeit doch etwas lang werden. Klanglich ist das Album sauber aufgenommen, vielleicht zu sauber, denn die Frage stellt sich, ob man die Studio-Brücke und die Live-Variante braucht. Fans vermutlich, wer sich aber auf eins von beidem beschränken möchte, ist mit dem Lokeren-Konzert sehr gut bedient!
FAZIT: Während die Band in Deutschland, Japan oder den USA eine überschaubare, aber innige Zuhörerschar besitzt, wird sie in Flandern und dem belgischen Umland eher ignoriert. Ob der dynamische Space-Rock-Vortrag auf den "Bridges Of The Old Fishingmine" daran etwas ändert, wäre QUANTUM FANTAY zu wünschen. Denn die zupackenden Instrumentals mit kleinen Weltmusik-, Techno-, Progressive-, Metal- und größeren psychedelischen Anleihen sind vor allem Live überzeugend. Bedauerlich allerdings, dass Flötist Charles Sla augenscheinlich nicht mit auf der Bühne stand, sondern erst nachträglich eingebaut wurde. Denn gerade sein Spiel lockert die teils ausufernden Stücke enorm auf.
Trotzdem Pflichtprogramm für den Weltraumkadetten-Abschlussball.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.02.2012
Jaro
Dario Frodo
Pete Mush
Gino Bartolini
Charles Sla ("Flutes On Backingtrack")
Bassick Records/Just For Kicks
79:50
02.12.2011