SCHWARZE ENGEL - das kann doch eigentlich nur eine zweitklasse Onkelz-Kopie oder eine drittklassige Gothic-Combo sein. Oder? Beim Blick auf den Schriftzug von "Ein kleines Gedicht", der nach "Wir sind da/Habt keine Angst" zweiten EP der Combo, verstärkt sich noch das Gefühl, es hier mit Onkelz-Kopisten zu tun zu haben.
Musikalisch sind die BÖHSEN ONKELZ dann auch tatsächlich nicht allzu weit weg von den Mainzern. Der Deutschrock mit punkigen Einflüssen erinnert ein ums andere Mal an die wohl auf ewig erfolgreichste Deutschrock-Band; insbesondere manche Gesangslinien hätten auf den B.O.-Alben aus den 90er Jahren stehen können.
Vom Uptempo-Geschoss bis zur nachdenklichen Ballade wird das gesamte Spektrum abgedeckt, und doch gibt es das eine oder andere, was die beiden Bands unterscheidet. Engel-Sänger Martin klingt nämlich so rein gar nicht engelsgleich, sondern eine ganze Ecke ungeschliffener als Kevin Russell, röhrt in tieferen Regionen und verleiht dem Sound der Band einen rotzigen, dreckigen Charme. Und die SCHWARZEN ENGEL verzichten dankenswerterweise weitestgehend auf den unerträglichen Pathos und die Selbstbeweihräucherung, die die Onkelz immer wieder allzu dick auftrugen. Geschichten aus dem Leben, manchmal vielleicht eine Spur zu sehr dem Stammtisch verpflichtet ("Justitia"), aber insgesamt angenehm formuliert.
FAZIT: Die SCHWARZEN ENGEL revolutionieren nicht den Deutschrock; wie viele andere auch orientieren sie sich an den übermächtigen Vorbildern, und auch wenn es vielleicht Bands gibt, die objektiv betrachtet ein wenig eigenständiger oder musikalisch relevanter agieren, machen sie mehr Spaß als die meisten anderen Bands dieser Richtung. Beim nächsten Mal also gerne auch ein großes Gedicht, Jungs!
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.01.2012
Timo
Martin
Markus
Torsten
Regioactive (Vertrieb)
29:36
20.01.2011