Dass die australische Band vor rund vierzig Jahren als SEBASTIAN HARDIE BLUES BAND gestartet ist, lässt sich anhand von „Blueprint“ nicht mehr heraushören. Aber den Richtungswechsel zum hochmelodischen, symphonischen Prog gab es bereits mit dem Einstieg MARIO MILLOs 1973.
Die Discographie ist überschaubar, selbst wenn man das Nachfolgeprojekt WINDCHASE mitzählt – insgesamt gibt es gerade einmal vier Studioalben (inklusive „Blueprint“) sowie eine Live-Konserve. Und doch gilt SEBASTIAN HARDIE – zu Recht – als die australische Vorzeigeband, was Progressiven Rock angeht. Dabei verzichten MILO und seine Begleiter auf allzu ausladende und komplexe Strukturen; freundlicher Wohlklang ist angesagt. Stellenweise wird die Grenze zu melodischer Popseligkeit (bewusst) überschritten. Nicht so deutlich wie auf MILLOs Solowerken, aber auch auf „Blueprint“ finden sich stellenweise kleine, kitschige Schlagerperlen wie der Refrain von „The Art Of Life“.
Fast 20 Jahre nach dem vorzüglichen Live-Album sind SEBASTIAN HARDIE wieder da. In der kompletten Mittsiebziger-Besetzung. Fast aus heiterem (australischen) Himmel, mit einem Studioalbum. Das nahtlos dort ansetzt, wo die Band 1993 die Bühne in L.A. verlassen hat. D.h. es gab noch einen Auftritt in Japan 2003, nach dem man beschloss, dass das dritte Studiowerk doch eine klasse Sache sei. Gesagt getan, knappe neun Jahre später erscheint „Blueprint“. Vinyltaugliche 40 Minuten lang und auf seine freundliche, hochmelodische Art unwiderstehlich. Auch wenn Kantiges weitgehend fehlt, von dem ein oder anderen Orgel- und Gitarrenakkord abgesehen, rutscht das Album nie in minderbemittelte AOR-Banalität ab. MARIO MILLOs Erfahrung als vielbeschäftigter Soundtrack-Komponist schlägt sich in den längeren Instrumentalparts wohltuend nieder. Wobei besonders „Shame“, in diese Bresche schlägt. Keine Musik für ein Surfer-Drama, eher der End-Titel einer Fernsehserie, die Robin Hood, Maid Marian und Ned Kelly unter einen Hut bringt.
Neben den teilweise herzerweichenden Melodien mit gravitätischer Keyboarduntermalung und präzisen Gitarrenfiguren, transformieren die Australier ihre musikalische Geschichte ins Heute. Vergangenheitsbewältigung der ergreifenden Art: „I remember/ I will never forget/ I remember the moments/ I remember the passion“. Das nimmt man SEBASTIAN HARDIE ab. Die lyrische Stimmung wie bei milden CAMEL-Songs, mit Einsprengseln von PINK FLOYD, YES bis hin zu SANTANA („Another String“ bringt beide letztgenannten Bands locker und charmant unter einen Hut.) und gar den DOORS („Vuja de“ – DIE Orgel); alles natürlich auf der Grundlage eines harmonischen, entspannten Rockgerüstes, das vom gekonnt lässigen Gestus STEELY DANs gar nicht mal weit weg ist – bei „I Wish“ auch mit PETER-FRAMPTON-Comes-Alive-Attitüde.
Bloß etwas feuriger, sonniger – down under the sun halt. Feines Comeback. Comeback? Eher die fast zeitnahe Weiterführung eines kultigen Originals…
FAZIT: Die Zeit steht still. Für 40 Minuten ist das auch gut so. Aber wer mit so viel Laissez-faire, Geschmack und Geschick die (eigene) Vergangenheit zelebriert, dem kann man nur schwer widerstehen. Sanfter, dezent proggiger Balsam in wirbeligen Zeiten.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.04.2012
Peter Plavsic
Mario Millo, Dave Wilkens
Mario Millo
Toivo Pilt
Alex Plavsic
Oskar/Just For Kicks
40:30
13.04.2012