TARJA hat mit NIGHTWISH Metal-Geschichte geschrieben. Und auch ihre Solo-Karriere scheint bestens zu laufen, wie die Erfolge der Alben "My Winter Storm" und "What Lies Beneath" beweisen. Nach "Live At Sibelius Hall" erwartet uns mit "Act I" nun bereits das zweite Live-Album der Künstlerin innerhalb von neun Monaten. Und der Albumtitel lässt vermuten, dass die Serie von Live-Releases noch fortgesetzt werden dürfte.
War "Live At Sibelius Hall" mehr von ruhiger, vorweihnachtlicher Stimmung geprägt, kann man auf "Act I" den wirklichen TARJA-Sound bewundern. Die Musik der Finnin hat sich seit ihrer NIGHTWISH-Zeit zwar mehr zum Symphonic Rock hin verschoben, da aber einige Songs ihrer ehemaligen Band den Auftritt und somit das Werk schmücken, macht bei "Act I" auch durchaus mal ein energiereicher Symphonic Metal seine Aufwartung. Es ist ein Wechsel aus dynamischen Momenten und vielen Emotionen, die durch die typischen TARJA-Songs ins Spiel gebracht werden. Kompositorisch gibt es dabei nicht viel zu meckern, da sowohl NIGHTWISH wie auch TARJA das Songwriting ihrer Genres verstehen. Die insgesamt 24 Tracks lassen für den geneigten Fan der Ausnahmesängerin kaum Wünsche offen. Klassiker wie "Nemo", "The Phantom Of The Opera" und "Over The Hills And Far Away" finden genauso den Weg in die Setlist wie viele bezaubernde Stücke der beiden TARJA-Solo-Alben. Erwartungsgemäß ist dabei das aktuelle Werk "What Lies Beneath", bei dessen Tournee der Auftritt auch mitgeschnitten wurde, stärker vertreten. Es wird bis auf einen Song das gesamte Album live gespielt. So offenbart die Setlist auch keine wirklichen Schwächen, wenn man mal von dem gewöhnungsbedürftigen WHITESNAKE-Cover "Still Of The Night" absieht.
An TARJAs Performance gibt es im Großen und Ganzen auch nichts zu bemängeln. Ihr klassischer Gesang steht bei ihren Eigenkompositionen noch mehr im Mittelpunkt als zu NIGHTWISH-Zeiten. Man sollte eine gewisse Akzeptanz zum Sopran mitbringen, wenn man an der Musik gefallen finden möchte. Die Stücke kommen recht klar rüber, angereichert um etwas Live-Opulenz. Dass man das Publikum oft lautstark vernimmt, gefällt mir gut und stützt auch die Live-Authentizität. Das Schlagzeug macht sich zu meiner Verwunderung teilweise recht deutlich bemerkbar. Dies erklärt sich allerdings dadurch, dass kein geringerer als das Metal-Drums-Wunder Mike Terrana es bedient. Doch auch die Leistung der anderen Musiker soll nicht geschmälert werden. Alle Künstler machen bei dem Gig einen guten Job.
"Act I" wird außer als Doppel-CD noch auf DVD und BluRay veröffentlicht. Diese lagen uns zu einer Besprechung allerdings nicht vor. Was die reinen Audio-Klänge angeht, hinterlässt "Act I" aber einen guten Eindruck.
FAZIT: TARJA-Fans können bedenkenlos zugreifen. Über zwei Stunden lang wird Symphonic Rock vom Feinsten geboten. Und auch diejenigen, die von "Live At Sibelius Hall" enttäuscht waren, können mit "Act I" wieder versöhnt werden.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.08.2012
Kevin Chown
Tarja Turunen
Alex Scholpp
Christian Kretschmar
Mike Terrana
Max Lilja (Cello)
earMusic/Edel
123:10
24.08.2012