“Verstand schafft Leiden“, oder so ähnlich schrieb einer der großen russischen Dichter. Und natürlich ist der moderne denkende Mensch zum Leiden verdammt. Genauso scheint das mit Ed Warby auch zu sein. Obwohl das Debüt „Burden Of Grief“ als Eintagsfliege angekündigt war, hat er sich doch entschlossen, einen zweiten Anlauf zu nehmen, und um es gleich von vorn weg zu sagen: Zum Glück.
Denn Warby hat auf seinem aktuellen Release einfach noch einen drauf gesetzt. Nicht dass er versucht hat, die Musik komplett umzukehren und etwas völlig anderes zu erschaffen. Nein, „Lacrima Mortis“ ist ein logischer Nachfolger zu „Burden Of Grief“, der nur eben noch perfekter und runder wirkt. Musikalisch gesehen ist Warby – wen verwundert es – eher im Death Doom verwurzelt: Direkte, klar strukturierte Riffs, packende Leads – hier werden sehr straighte Songs abgeliefert, denen es sowohl an Tiefe als auch Härte nicht mangelt. Man höre nur einmal den Opener ‘We All Die Alone‘.
Wie niederschmetternd Death-Doom in seiner ungeschönten Direktheit sein kann, zeigt Warby vor allem mit seinen Texten auf: Diese kommen ohne Metaphorik – die einzige Metapher ist wohl der Plattentitel - aus und wirken wahrscheinlich gerade deswegen so erdrückend. Hier wird der Tod nicht romantisiert oder schöngeredet, sondern in klare Worte gefasst. Obwohl „Lacrima Mortis“ kein Konzeptalbum im Sinne von „Burden Of Grief“ ist, gibt es doch eine klare Linie. Die Texte handeln von Verlust, von Vergänglichkeit und vom Tod.
Warby’s klassischer Doom-Gesang ist auch auf „Lacrima Mortis“ noch immer ein ‚Love-It-Or-Hate-It‘- Ding, aber er hat sich in seiner Performance im Gegensatz zum ersten Album noch erheblich gesteigert. Das soll jetzt keinesfalls eine Herabstufung der ersten Platte sein, aber die Vocals auf diesem Album klingen einfach noch eindringlicher und sind das willkommene I-Tüpfelchen, welches diese Veröffentlichung außergewöhnlich macht. Auch die harschen Vocals von OFFICIUM TRISTE-Sänger Pim Blankenstein, der bereits live bei The 11th Hour mitwirkte, sind unfassbar gut und ein sehr gelungener Counterpart zum cleanen, sehr zarten Gesang von Warby und lässt die Abwesenheit von Rogga Johansson, welcher auf der ersten Platte für die Death-Metal-Vocals verantwortlich war, leicht verschmerzen. In diesem Sinne sollte man unbedingt den vom harschen Gesang dominierten Track ‚Nothing But Pain‘ antesten.
FAZIT: Für Nicht-Doomer ist das Album vielleicht zu eindimensional in seiner Negativität – für Doom-Freunde, die sowohl mit klassischem, als auch mit Death Doom etwas anfangen können, sicher das Highlight des beginnenden Jahres. Der perfekte Soundtrack zur Vergänglichkeit dieser Welt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.01.2012
Ed Warby
Ed Warby (clean), Pim Blankenstein (harsh)
Ed Warby
Ed Warby
Ed Warby
Napalm Records
52:18
27.01.2012