Die Kanadier THE AGONIST legen mit "Prisoners" ihr drittes Album für Century Media vor und dürften nach wie vor vor allem bei Leuten Anklang finden, die auf eine zeitgemäße Mischung aus melodischem Death Metal und groovendem Metalcore abfahren.
Das musikalische Aushängeschild ist Frontfrau Alisse White-Gluz, die ein mächtig beeindruckendes Organ ihr eigen nennt. Wenn sie faucht, keift und brüllt ist ihr Gesang kaum von dem männlicher Kollegen zu unterscheiden, sie hat aber auch höchst melodischen Klargesang zu bieten, der ein wenig an LACUNA COILs Christina Scabbia oder sogar an PINK erinnert. Besonders gelungen ist das in den eingängigen Choruslines, in denen die Musik auch in harmonischere Gefilde übergeht. Dass ihre Gesangslinien zudem immer mal wieder orientalisch anmutende Harmoniefolgen streifen, gibt der Sache zusätzliche Würze, poppig klingt sie dagegen eher selten.
Das musikalische Fundament hält gehobenen Genreansprüchen locker stand. Druckvoll, komplex und dicht, verspielt, mitunter rasant und mit einem ordentlichen Härtegrad versehen, dabei auch klassischeren Metalspielarten wie Thrash nicht abgeneigt, stehen THE AGONIST für das, was man modernen Metal nennt. Dabei bewahrt man sich stets eine gute Balance zwischen rockiger Eingängigkeit und spielerischem Anspruch. Das Songmaterial ist dabei über weite Strecken gutklassig, die Hooklines könnten aber durchaus noch zwingender sein. Zwar wissen die Refrains so gut wie immer zu gefallen, können aber keine uneingeschränkte Begeisterung entfachen. Ansonsten ist "Prisoners" mit einer zeitgemäßen, kraftvollen Produktion versehen, die aber - wie die ganze Musik an sich - nichts für Traditionalisten ist.
FAZIT: Gut gemachter, moderner Metal mit eindrucksvollem Gesang, der überzeugt, aber nicht vom Hocker haut. Die angepeilte Zielgruppe wird aber bestens bedient.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.07.2012
Chris Kells
Alissa White-Gluz
Danny Marino, Pascal "Paco" Jobin
Simon McKay
Century Media / EMI
56:25
01.06.2012