Kein Wunder, dass TYRAEL seit der Veröffentlichung dieses Machwerks – denn nichts weniger ist es – nicht viel gerissen haben. Ihr gleichwohl kompetent und Keyboard-frei dargebotener Irgendwie-Death-Black-und-doch-nicht-Metal ist ein Fall für die Pagan-Grabbelkiste, auch wenn das Quintett prinzipiell alles richtig macht, um den Freund des Green Metal – so nennt man seinen Stil, um nicht Unworte wie Heiden- oder Volksmetall in den Mund zu nehmen – von sich zu überzeugen.
Alles richtig bedeutet: Nullempfindsamkeit gegenüber haushoch überlegenen Vorbildern fürs regelmäßig Live-Rollenspiel, seien es Tolkien, für dessen Annektierung in „To Isengard“ (melodisch vielschichtiges Schrammeln) die Diablo-Fans Ärger bekommen könnten, oder der gute Goethe (ja, wir hatten ) in „Erlkönig“. So scheint TYRAEL kein Fettnapf zu tief zu sein (wer würde sich mit diesem Plattentitel nicht zum Affen machen?) und kein Klischee zu abgedroschen. Die jungen Musiker spielen nichtsdestoweniger engagiert auf, was im Rahmen der gewählten Stilistik eine angenehm (im Sinne des Black Metal der Neunziger) dilettantische Note nicht ausschließt, welche die organisch polternde Produktion forciert.
Das, worauf es bei dieser Musik letztlich ankommt – den Spirit, die Melodien (bei „Gedankenfluß“ hat nicht nur die Rechtschreibung das Verfallsdatum überschritten) und rhythmische Abwechslung (sie versuchen es, höre „Traum der Wirklichkeit“) –, bieten TYRAEL letztlich zu selten und wenn, dann entweder anderswo entliehen (wie oft hat man das Motiv von „Gebrochenes Eis“ in ähnlicher Form schon gehört?) oder unsagbar schal, geradezu unstimmig wirkend (gilt insbesondere für die Hauruck-Parts im Titelsong).
Die Breaks im mit besonders einfältigen Text versehenen „Der Jäger“ laden in ihrer Unbedarftheit zum Schmunzeln ein, gleichwohl die Band anderswo ansprechend nordisch klirrt. Das dumpfe Grunzen steht ihr im Übrigen deutlich schlechter als die spitzen Schreie, aber davon abgesehen: Wer hört so etwas heute noch, wenn nicht von den Originalen in tausendmal besserer Form?
FAZIT: Es ist schön, wenn eine Band aus Spaß an der Freude musiziert, und hoffentlich maßen sich TYRAEL nicht an, ihren angemessen inszenierten Kraut-und-Rüben-Deutsch-Black, der in seiner Abgeschmacktheit einst zu einem Label wie Last Episode gepasst hätte, als Geschenk an die große Metal-Welt zu betrachten. Ungeachtet dieser Befürchtung ist „Der Wald ist mein Zuhause“ nämlich vor allem zweierlei: grausig provinziell und aufgrund des Déjà-entendu unheimlich anstrengend.
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.08.2012
Holger Reinermann
Joschka Prangenberg
Sven Urbansky, Fabian Hass
Mario Althapp
Eigenvertrieb
43:34
22.01.2010