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Reviews

Ulf Hartmann: Schokolade

Stil: Deutsche Liedermacher-Musik mit deutlichem Schwerpunkt auf guten Texten, aber leider weniger guter Musik!

Cover: Ulf Hartmann: Schokolade

Eigentlich macht Schokolade fett und süchtig. Bekanntlich aber auch glücklich. Und laut Dr. Pia Heinemann, die auf der ersten Seite des „Schokolade“-Booklets zitiert wird, kann Schokolade auch „trösten, satt machen, das Leben versüßen und möglicherweise noch vieles mehr...“

ULF HARTMANN macht mit seinem Debüt-Album zwar nachdenklich, aber noch nicht süchtig! Das liegt in erster Linie wohl daran, dass man beim genüsslichen „Schokolade“-Hören von der ersten bis zur letzten Minute den Eindruck gewinnt, ein neues Album von GERHARD SCHÖNE – einem der bekanntesten DDR-Liedermacher, der nach dem Mauerfall ziemlich schnell in Vergessenheit geriet, auch wenn er sich bis heute dagegen mit immer belangloseren Alben wehrt – erstanden zu haben. Es sind nicht nur die stimmlichen Ähnlichkeiten, sondern auch Ulfs Art, Gitarre zu spielen und zu texten. Irgendwie schmeckt das höchstens zart-bitter! Ich stehe aber mehr auf Nougat.

Und so zieht sich Ulf Hartmanns Leben, in dem er eine Familie gründete, drei Kinder zeugte, denen wohl auch dieses Album gewidmet ist, sich von seiner Frau trennte, eine neue Liebe fand, als Sozialarbeiter mit Drogensüchtigen oder als Zivi in einem Kinderheim arbeitete und vieles mehr durch jedes einzelne seiner Lieder. Damit beschert er seinen Hörern gute Texte, aber weniger gute Musik – dieses klassische Liedermacher-Schema „Ich packe mal meine Gitarre aus und singe euch meine Botschaften!“ Und diese Botschaften triefen vor Melancholie, besonders dann, wenn auch noch ein Cello oder verhaltenes Klavierspiel die Stimmung untermalt.

Ohne Weiteres nehmen wir Ulf ab, wenn er in „Weil's besser ist“ singt: „Ich schwimm gern am Rand / Und auch gegen den Strom - / Das ist Überzeugung und Revolution. / Ich bin halt so'n Typ / Der anders tickt / Ich bin kindisch, chaotisch und 'n bisschen verrückt.“ Auf „Schokolade“ klingen all diese Charakterzüge und Überzeugungen durch. Die lyrische Biografie eines Freigeistes auf der Suche nach seinem eigenen Ich. Wir Hörer dürfen ihn bei dieser Suche begleiten und wünschen uns dabei oftmals, dass diese „Lagerfeuermusik“ mehr Impulse setzen, etwas aufregender instrumentiert und ein breiteres Stimmungsspektrum hergeben sollte. Dafür wird man aber mit solch einer wundervollen Textzeile wie: „Es ist besser für das, was man ist, gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden!“, entschädigt. Eine wirklich tolle Zeile, die textlich so einfach, im Leben aber so schwer umzusetzen ist!

„Akustisch. Ehrlich. Live.“ So charakterisiert Hartmann seine eigene Musik. Alles richtig! Leider fehlt bisher noch: „Aufregend. Abwechslungsreich. Verspielt.“
Manchmal ist etwas mehr eben doch besser als zu wenig.

FAZIT: „Ich will singen. Und ich weiß, dass ich etwas zu sagen habe. Mit meinen Liedern.“ Wie recht der Liedermacher Hartmann mit dieser Aussage doch hat – nur der Weg, wie er seine Texte in ein musikalisches Gewand kleidet, ist einfach noch zu gradlinig. Texte 13 / Musik 5 Punkte.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.10.2012

Tracklist

  1. Kalifornien im Kopf
  2. Palaver
  3. Blumen am Rand
  4. Weg!
  5. Parkbank
  6. Glashaus
  7. Löcher
  8. Auf der Spur
  9. Weil's besser ist
  10. Randnotiz
  11. Sushi in Manhattan
  12. Schokolade
  13. Olsenbande

Besetzung

  • Gesang

    Ulf Hartmann

  • Gitarre

    Ulf Hartmann

  • Sonstiges

    Claus Hartisch, Sven Waida

Sonstiges

  • Label

    Timezone

  • Spieldauer

    58:03

  • Erscheinungsdatum

    12.10.2012

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