Sometimes It Snows In June. Das trifft spätestens zu, wenn “Kôrksangern“ mit der schwedischen Version von „Stille Nacht, heilige Nacht“ zum Finale läutet. Davor hat ULRIKA BODÉN bereits dreizehn Stücke aus der Liedersammlung des nordschwedischen Dichters Nicke Sjödin intoniert („Om på berga häll i skogen ä jäg“ folgt noch). Sjödin hat allerlei Volks-, Liebes- und Weihnachtslieder in den Dialekt seiner Heimat übertragen. Und diese Texte singt BODÉN, eine der beiden Sängerinnen der schwedischen Folk-Band mit Pop-Einschlag RANARIM, zu traditioneller, sparsamer Instrumentierung. Also viel akustische Gitarre, Mandoline, Kontrabass, Banjo, gelegentlich aufgelockert durch „Pumporgel“, „Nyckelharpa“, Flöte und Trompete. Die etwas opulenter orchestrierten Songs sind dann auch die Highlights auf „Kôrksangern“.
Eine Dreiviertelstunde Wohlklang, getragen von ULRIKA BODÉNs elfenhaftem Gesang. Kein schräger Ton stört das musikalische Schwelgen, das sich entlanghangelt zwischen stimmungsvollem Folk und dem hopsenden Frohsinn eher unbedarfter Kinderlieder. Am Ende eines stressigen Tages in der kalten Großstadt kann diese permanente Landhaus- und Blümchenseligkeit möglicherweise therapeutische Wirkung besitzen. Unter normalen Umständen, egal ob in der Metropole oder auf dem flachen Land, braucht man nach der kompletten Dosis „Kôrksangern“ erst einmal eine ordentliche Portion Krach.
FAZIT: So schön, dass es wehtut. Nicht dieser wohlige Schmerz, der Liebesspielen mitunter beiwohnt, sondern jener leicht bohrende Fight-Club-Giftschmerz, der dazu verführt, etwas Schönes kaputtmachen zu wollen. Um ULRIKA BODÉN und ihren Begleitern nicht Unrecht zu tun: Das Album ist mit jeder Faser geschmackvoll, vermeidet überladene Instrumentierung und klingt exzellent. Außerdem sind u.a. mit „Jäg vet’n dör“, „Var ä kamratn överållt jäg lete“ und „Gämmal a kôrka“ echte Folk-Highlights an Bord.
Besser erklärt vom Presseinfo, das von einer Liedersammlung schwärmt, die „Hymen, Psalme und Weisen“ enthält. Im Tippfehler findet sich die trefflichste Interpretation: „Kôrksangern“ ist ein wahrhaft singendes, klingendes, schwingendes Jungfernhäutchen…
Was die Wertung betrifft: Wer je mit Feen friedlich im Finsterforst flirten wollte: 12 Punkte. Wer die flirrenden Fabelwesen lieber zertreten möchte: 4 Punkte. Macht rechnerisch die Hälfte, wobei „Kôrksangern“ beileibe nicht mittelmäßig ist!
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.06.2012
Martin Von Schmalensee
Ulrika Bodén, Sofia Sandén
Martin Von Schmalensee, Mattias Pérez
Janne Strömstedt
Ulrika Bodén, Martin Von Schmalensee, Niklas Roswall, Gustav Hylén
Westpark Music/Indigo
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15.06.2012