Irrtum Nummer eins: UNISONIC sind nicht HELLOWEEN. Irrtum Nummer zwei: UNISONIC sind nicht nur Michael Kiske und Kai Hansen.
So viel vorab. Natürlich kann man es niemandem verdenken, wenn er aufgrund der Besetzung diesen beiden Irrtümern unterliegt. Aber UNISONIC, die Band, auf die Fans von Michael Kiske annähernd 20 Jahre warten mussten, darf man eben nicht ausschließlich auf die Vergangenheit des Sängers und eines Gitarristen reduzieren.
Mit "Ignition" hat die Band - ja, Band, kein Projekt! - jetzt ihr erstes Lebenszeichen veröffentlicht - und es ist ein Lebenszeichen, das verdammt viel Lust auf das vollständige Album (erscheint am 30. März) weckt. Die vorab als Video präsentierte Bandhymne "Unisonic" geht als moderne, dynamische Interpretation von - jaja, ich weiß, was ich noch am Anfang geschrieben habe - HELLOWEEN zu "Pink Bubbles Go Ape"-Zeiten durch. Die Gitarren im Vordergrund sind recht simpel-rockend angelegt, dafür passiert im Hintergrund eine ganze Menge. Auch die Songstruktur ist absolut nachvollziehbar gehalten - Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Solo, Bridge, Refrain - don't bore us, bring us to the chorus. "Unisonic" ist ein Grower vor dem Herrn, ein fieser, sich in den Ohrmuscheln festsetzender Hit, den man über Wochen nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
"My Sanctuary", der zweite neue Song, klingt ein wenig nach PLACE VENDOME, dem Projekt, bei dem Kiske, Ward und Zafiriou vor UNISONIC tätig waren, allerdings in deutlich härterer Fassung. Und, garantiert: Jeder Kiske-Fan wird beim Refrain kniend vor der Anlage hocken. Was auch für "Souls Alive" gilt, Song Nummer drei, den es hier als unfertige Demo-Version zu hören. Wobei der lässig groovende Track durchaus komplett klingt - vorbei die Zeiten, als Demosongs noch rumpelig und dumpf tönten. Auch hier fallen vor allen Dingen zwei Dinge auf: Die vielschichtige Gitarrenarbeit sowie die überragende Gesangsleistung von Kiske. Der melodische Refrain ist vielleicht der Höhepunkt auf "Ignition". Insgesamt überrascht der Härtegrad der drei Songs durchaus, wenn man sich manche Äußerung von Michael Kiske ins Gedächtnis ruft. Aber die positive Ausstrahlung der Kompositionen lässt ihn die massive Gitarrenarbeit hoffentlich mehr als nur ertragen.
Eine Live-Version des alten HELLOWEEN-Klassikers "I Want Out" (aufgenommen in Japan) rundet das Mini-Album ab - und zeigt, dass Michael Kiske zum einen die alten Songs immer noch problemlos auf die Kette bekommt, und dass er zum anderen ganz offensichtlich Frieden mit seiner Vergangenheit als HELLOWEEN-Frontmann geschlossen hat. Gut so.
FAZIT: Vier teilweise starke Solo-Alben, ein missglücktes Bandprojekt namens SUPARED, zwei famose Melodic-Rock-Alben mit PLACE VENDOME sowie Gastauftritte bei AVANTASIA, GAMMA RAY, MASTERPLAN oder AINA haben die Kiske-Fans zwar in den letzten 20 Jahren immer wieder mal aufhorchen lassen, aber auf eine echte, Rock-und-Metal-affine Band wie UNISONIC hat die Gemeinde lange, lange warten müssen. Nach "Ignition" steht fest: Das Warten hat sich gelohnt. Hier wächst etwas Großes heran, das jeder, der auf Heavy Rock und Melodic Metal steht, auf dem Plan haben sollte.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.01.2012
Dennis Ward
Michael Kiske
Kai Hansen, Mandy Meyer
Kosta Zafiriou
Ear Music/Edel
19:22
27.01.2012