Für ihr zweites Langspielflachplastikprodukt liefern V13 die Zielgruppenempfehlung gleich mit. So ist, wenn es um die etwaige Silhouettierung des „Overlook Hotel“-Materials geht, von 16 HORSEPOWER, UNSANE und OXBOW die Rede, was auch halbwegs hinkommt. Dennoch tun sich die vier Franzosen damit keinen Gefallen, da eine Voreingenommenheit durch solches Namedropping mehr oder minder vorprogrammiert ist.
Der alternative und gleichermaßen experimentelle uneheliche Sohn von Papa Metal und Mama Rock ist nämlich beileibe keine tongewordene Niederknie-Aktion vor den Idolen, sondern ein ziemlich eigenwilliges Gerät, das Song für Song überraschtes Augenbrauen-Autolifting hervorruft – gerade wenn man sich „Alexandra“ und das darauf folgende „Gouache“ durch die Gehörgänge pressen lässt, darf man feststellen, dass in dieser musikalischen Nische noch einige Optionen offen sind. „Overlook Hotel“ ist demnach ein klarer Fall von „mehr“, und es fasziniert, was die Herren Carrier, Duclos, Luciano und Bernolin eine dreiviertel Stunde lang aus dem Hut zaubern. Immer, wenn man denkt, okay, das ist die Grenze des Machbaren, überschreiten V13 diese.
Durch die französischen Texte kommt noch eine gewisse Exotik hinzu, die zusätzliche Spritzer spezieller Farbtöne auf dem Gesamtwerk verteilen, besonders auch deswegen, weil geschriene und gesprochene Texte in dieser Sprache entgegen dem Klargesang eher selten vorzufinden sind. Ein weiteres Plus ist der Sound des Albums, denn der ist trotz aller Massivität ungeheuer organisch und echt belassen, was der ganzen Sache ein gewisses Livefeeling verleiht.
FAZIT: Das da so unscheinbar im CD-Körbchen lag und vor sich hin schlummerte, kann man als eine sehr ungewöhnliche Kreatur bezeichnen. Die Schöne und das Biest in Animalunion?
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.02.2012
Julien Luciano
Olivier Duclos
Laurent Carrier
Nicolas Bernolin
Eigenproduktion
45:59
2009