Seit ihrem Debüt „Beyond An Armoured Skin" von 2007 haben die Berliner VOLTRON nicht nur beim Ausdenken kaputter Songtitel zugelegt; „Kaventsmann“ wird seinem Titel gerecht und bricht tonnenschwer über den unbedarften Hörer herein, während der Sludge-Doom-Freund ein heimtücklisches Grinsen aufsetzt.
Mit einem Zitat aus dem Streifen „Network“ geht es im eröffnenden Siebenminüter los, mit dem die Gruppe ihren Sound etabliert: dunkles Grollen, bedachtsam ausgewählte und durchs Shit-Sieb des Nullachtfuffzehn gestrichene Riffs, zu denen sich Drummer und Bassist zwar Zeit lassen, Töne zu erzeugen, aber nicht unter Wert verkaufen. Erst mit „Black To Back“ drehen VOLTRON an der Dynamik-Schraube und etablieren die Songstrukturen nach der NEUROSIS-Lehre bedächtig, klingen aber mit verlorenen Gitarrenharmonien, Grabes-Melodien und fast schwarzmetallischem Schrammeln zehnmal spannender als die Amis mittlerweile.
„Studententoeter“ stellt einen recht deutlichen Bruch dar, denn hier regiert zunächst epischer Doom mit einer Atmosphäre, die quasi an CANDLEMASS erinnert. Das Stück erfährt fortwährend Pausen, in denen eine hintergründige Stimme spricht, und ist schon fast halb vorüber, als VOLTRON den Verzerrer abschalten und von Grund auf neu strukturieren. Das letzte Dritte beherrscht schließlich Katos Gesang vor einem regelrecht rockigen Hauptriff – ein Höhepunkt der Scheibe und die Vorwegnahme von „Pittiplatsch Anoraknarök“, das trotz des spinnerten Titels zu den zudringlichsten und kompaktesten Tracks der LP gehört. Die Vocals sind passend zur melodischen Gitarrenarbeit flammend leidenschaftlich ausgefallen und gereichen der Gruppe am ehesten zum Genre-Hit.
Als Rückgriff auf „Studententoeter“ lässt sich das folgende „Faster Than Nothing Still Can Be Slow“ verstehen, da VOLTRON auch hier ein tragisches Moment einweben und gesanglich passenderweise an CROWBAR gemahnen. Wiederum fällt die Komposition im Vergleich zum Einstieg in die Scheibe weniger sperrig aus und erfährt eine wunderbare Steigerung. Die folgende Geräuschkulisse in „Helmut Berger At Salzburg Airport“, vermutlich entsprechend aus einer Flughafenhalle, wird einzig von einer kargen Klangfläche aus sachtem Bass, Gitarren und relaxtem Drumming begleitet, wozu Kato wie aus der Gruft singt. Erst nach der Halbzeit nimmt auch dieses Lied Fahrt auf und endet ein bisschen so, wie man es von den frühen Sachen der Nachbarn THE OCEAN kennt.
Diesen würde auch der lebhafte Aufruf „Medic Help!“ stehen, der unterschwellige Hardcore-Bezüge offenbart und mit einer Unterwasser-Bass-Drum-Bridge nebst spukhaftem Klargesang verblüfft. Das Finale „Fuckoverforevertime“ stellt ein dramatisches Finish mit verspielter Klampfenarbeit und einer Menge Text dar, wozu VOLTRON einen treffend markanten Refrain ersonnen haben, der als dickes Ausrufezeichen für Freunde dieses Stils stehen dürfte. Metallbox-Edition des Albums mit echten Algen (!) verhaften und glücklich werden.
FAZIT: „Kaventsmann“ ist kein innovatives Album, verfügt aber über zahlreiche klangliche Unwägbarkeiten, die es bei gleichzeitig stimmiger Komposition durchweg spannend halten, so man apokalyptischem Sumpf-Metal zugetan ist. Die Hauptstadt brummt, also warum in die Ferne schweifen?
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.11.2012
Nik Hayakyu-Ou
Señor Kato
Bruce Benner, Mars Brennen
Hille Toughsky
Eigenvertrieb
55:53
31.08.2012