In den 90ern machten die isländischen XIII mit den beiden Alben „Salt“ und „Serpentyne“ einiges an Wind in der Metalszene, denn die Art und Weise, wie das Kollektiv um Hallur Ingólfsson Metal und Alternative miteinander vermischte, war einzigartig. Nicht nur, weil im Sound dieser typisch isländische Vibe mitschwang, beispielsweise durch die speziellen Melodien oder die Unterkühltheit, sondern auch, weil die Band aus beiden Genres alles mitnahm - außer den Klischees, denn die hat man schlichtweg links liegen lassen. Und natürlich machte auch Hallurs charakteristische Stimme vieles aus.
Während das Debüt „Salt“, von welchem auf dieser wunderhübschen, in ein Digibook gepackten und mit 32-seitigem Booklet inklusive Historie in Isländisch und Englisch versehenen Doppelscheibe sieben Tracks auf die zweite CD gepackt wurden, noch deutlich metallastiger war, öffneten sich XIII auf dem Zweitling „Serpentyne“, dem die Songs numero acht bis dreizehn entstammen, ein wenig mehr der alternativen Rockmusik, doch auch ein stärkeres Gothic Metal-Flair machte sich breit. Mit dem Anfang des neuen Jahrtausends, nach einer Quasi-Reunion, streckte Ingólfsson die Fühler dann noch ein wenig weiter aus, und so bereicherte er den XIIIschen Sound um einige neue Facetten wie etwa DAVID BOWIE-eske Melodien, ein wenig Seattle-Sound, Singer/Songwriter-Stoff, gar minimale Elektronik sowie ein paar poppige Elemente, nachzuhören auf dem dritten Album „Magnifico Nova“, von dem sich sieben Stücke auf dem ersten der zwei enthaltenen Tonträger wiederfinden.
Doch danach war schlagartig Ruhe, ein viertes Album namens „Wintersun“ wurde zwar Mitte des Jahrtausends fertiggestellt, aber kam niemals auf den Markt, und so war die Band mal wieder auf Eis gelegt. Erst vor etwa drei Jahren hat man sich erneut zusammenraufen können, um an neuer Musik zu arbeiten und gemeinsam mit den Landsmännern SÓLSTAFIR aufzutreten. Doch so einfach wollten XIII die alten Songs nicht der Vergangenheit überlassen, weswegen man sie nicht einfach auf das Doppelalbum geklatscht hat. Nein, sie wurden, passend zum Sound der neuen Nummern, noch einmal von Grund auf remastert und tönen genauso zeitlos, nur dynamischer und druckvoller - und so mancher der seit jeher anspruchsvollen Songs offenbart nun Details, von denen man sich hier und dort fragt, wo man seine Ohren seinerzeit hatte. Ja, die Songs der Band waren nie progressiv im herkömmlichen Sinne, sondern eher hinsichtlich der Feinheiten und Kleinigkeiten.
Doch selbstverständlich fragt sich der Fan, wie die neuen Songs tönen. „No, Not Anymore“, der Opener, ist zwar unverkennbar XIII, rockt aber verhältnismäßig straight und minimalistisch, ohne allerdings an der gewohnten Tiefe vermissen zu lassen. Mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl ist dann das deutlich introvertiertere „Salty Taste“, das in der Tat etwas nach „Salt“ schmeckt, nur etwas weniger metallisch. Die anderen Stücke stellen ein logisches Bindeglied zwischen dem Damals und dem Jetzt her, wobei besonders „Atomized“ eine dieser famosen Gesangsmelodien in sich birgt, für die man XIII lieben muss, „Crusoe“ wiederum diese gelegentliche Sperrig- und Kauzigkeit in den Vordergrund stellt. Auffällig ist bei den aktuellen Kompositionen, dass sie stilistisch wieder etwas kompakter ausgefallen sind und dieses Schwimmende, Verhallte der ersten drei Alben klar in etwas nach hinten gerückt ist. Doch im Grunde ist es auch hier lediglich wieder einmal so, dass man, wie bei sämtlichen Vorgängern auch, eine Weile benötigt, um sich in den jeweils neuen XIII-Klangkosmos einzufinden, um dann festzustellen, dass man noch immer „zu Hause“ ist und den Bandklangraum lediglich anders vorfindet - Möbel wurden verrückt, die Wände anders gestrichen, das Licht leuchtet etwas anders, aber alles bleibt vertraut.
FAZIT: „Black Box“ ist eine gelungene, liebevoll gestaltete Rückschau einer viel zu wenig beachteten, wiederauferstandenen Legende, aber auch eine mehr als interessante Momentaufnahme, was die sechs Stücke jüngsten Datums betrifft. Vor allem aber macht dieser Doppeldecker gespannt auf das, was noch kommen mag. Und Letzteres geschieht hoffentlich sehr bald.
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Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.09.2012
Jón Ingi Thorvaldsson
Hallur Ingólfsson
Eiríkur Sigurdsson, Hallur Ingólfsson
Birgir Jónsson
Eigenproduktion
54:53 (CD1), 68:51 (CD2)
13.09.2010