Ein Mann, der sein Instrument spielt. Mehr gibt es auf „Boréales“ nicht zu hören. Auf dem zweiten Soloalbum des rührigen Schweizer Jazzpianisten YANNICK DÉLEZ genügen über die weißen und schwarzen Tasten tanzende Finger, die Pedale bedienende Füße und Délez‘ Feingefühl für den guten Ton, den Raum zu erfüllen – sei es mit wilden Kabinettstückchen, sanften Balladen, ironischen Interludien, edlen Eigeninterpretationen gerne gespielter Klassiker, verspielten Figuren oder gar Klängen kurz vor der Stille.
Nervöse Nummern wie der titelgebende Opener stehen im Kontrast zu der GARY PEACOCK-Komposition „Vignette“, die fast bildhaft Töne wie Regentropfen auf Blätter fallen lässt, die wiederum ob des Aufpralls federn und ihrerseits die bereits darauf empfindlichen Tröpfchen von sich schütteln. „Miniature III“ und „Miniature IV“ könnten fast eine Vertonung eines alten Cartoons sein, MILES DAVIS‘ „Solar“ in der Délez‘schen Wiedergabe eine turbulente Achterbahn mit Umwegen, „Miniature V“ zitiert die Klassik, und „Odd“ geht, freigeistig wie es ist, einfach dort hin, wo es ihm beliebt – ein musikalischer Knallfrosch sozusagen. Und so bleiben die 56 Minuten dieses beeindruckenden Werkes bis zum letzten Tastenanschlag überraschend.
FAZIT: Virtuose Arbeit mit Respekt vor dem Hörer, welcher hier nicht zum Staunen genötigt, sondern bestens unterhalten wird.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.03.2012
Yannick Délez (Konzertflügel)
Unit Records
56:04
16.03.2012