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5Ft High & Rising: Follower

Stil: Metalcore / Mathcore

Cover: 5Ft High & Rising: Follower

Oha, Deutschlands selbst auserkorene TV-Pop- und Superstars haben wohl doch einen größeren Einfluss auf den jungen Nachwuchs als dieser sich vermutlich selbst eingestehen würde. Beim peinlich berührten Blick auf die Videos zu „What I Deserve“ (2011) und „Underhanded“ (2013) hätte man vor eineinhalb Jahrzehnten wohl noch N’SYNC geschrien, so verbissen sind die Hannoveraner respektive deren Videoproduzenten darauf fixiert, sich selbst als Synchron-Luft-Hüpfer mit King-Kong-Posen zu inszenieren. Style ist eben alles, Substance irgendwo darunter. Genau wie bei Dieter Bohlen. Die wahren Inspirationen dürfte man sich natürlich an anderer Stelle geholt haben; vermutlich wurden die in den Videos zur Schau getragenen Gebärden mal bei Tieren wie Jens Kidman oder Robert Trujillo abgeguckt, nur was bei denen imposant ausschauen mag, weicht auf Körpern von Neugeborenen einer abstrusen Komik, die es schwer macht, die jeweils viereinhalb Minuten pro Song ohne Fremdscham zu überstehen.

Um fair zu sein: Man wird das irgendwann recht unkompliziert unter „Jugendsünde“ abhaken können, eine Option, die das Quintett wohl zukünftig auch selbst ziehen wird. Schon von „What I Deserve“ zu „Underhanded“ ist immerhin eine deutliche Weiterentwicklung erkennbar. Die Synthesizer klingen nicht mehr ganz so abgeschmackt nach Trancecoreparty und der zweispurige Gesang hat den wohl größten Entwicklungssprung gemacht: Während Nils Besler als Chef-Screamer eifrig in die Guillaume-Bideau-Ecke experimentiert, sorgt Schlagzeuger Felix Mansius für wesentlich pointiertere Cleanpassagen als bislang.

Bewegen wir uns aber von den optischen Reizen und dessen isolierten Inhalten weg und konzentrieren uns auf das Album im Ganzen, das mit 37 Minuten gerade noch so die Kurve zum Langspieler bekommt. Praktisch alles spielt sich in der 3- bis 4-Minuten-Marke ab und bewegt sich damit jeweils ohne Verdauungsbeschwerden durch den Magendarmtrakt. Auffällig ist der zuverlässige Wechsel zwischen komplexen Mathcore-Riffs, deren ungerade Taktarten via Double Bass meist überbetont werden, und stumpfen 4/4-Takten, die ein energiegeladenes Straight-Forward-Feeling erzeugen sollen. Besler bellt dazu seine Strophen und klingt meist wie ein aufheulender Motor oder eine von Asthma geplagte Raubkatze, als sich das tiefe „o“ in ein hohes „a“ verwandelt. Die aus Metalcore und Artverwandtem bekannten stillen Momente der Melancholie sollen aber auch nicht ausgelassen werden. Zu diesem Zweck hat man eben noch Mansius im Boot, der Tommy-Rogers-mäßig Gefühl ins Spiel bringt, oft begleitet durch ein unangenehm klingendes, stark nachhallendes Klavier, das den Ballerreigen auch eröffnet.

Zugegeben, den Cheese des „What I Deserve“-Refrains sucht man auf „Follower“ vergebens. Die Chose klingt abgehangener und reifer, die Schritte wirken weniger watschelig. Und doch fehlt die Spannung. Über die musikalische Kompetenz muss dabei gar nicht gesprochen werden, die stimmt wie bei so vielen Kollegen auch hier. Es geht mal wieder um die zu kleine Schöpfkelle, mit der im großen Bottich gefischt wird, und was das angeht, spielen 5Ft HIGH AND RISING bloß mit Bauklötzen und legen ein Steckwerk aus dem Baukastenprinzip vor. Der Intro-Klotz kommt nach hier, der Outro-Klotz nach dort, hey Moment, ich brauch noch einen Break-Klotz, haste mal einen da? Ne? Bau mal einen aus dem Auto aus.

Live könnte das Arsch treten, weil die Riffs an den Signalstellen aggressiv und simpel genug sind, um mit ihnen im Takt in die Luft zu gehen (Follow the HB-Männchen), nur interessiert das auf Platte nicht. Hier sind andere Disziplinen gefragt, abwechslungsreiches Songwriting an vorderster Front. Szenenweise lässt „Follower“ das kurz aufblitzen, jedoch nicht ein einziges Mal wenigstens über einen vollen Song. An komplexeren, strukturell ungewöhnlichen (Long-?) Tracks scheint man auch gar nicht interessiert. Eine Hierarchie fehlt daher vollends; die einzige Strukturierung besteht darin, nebst In- und Outro ein Zwischenspiel in die Mitte zu setzen.

FAZIT: 5FT HIGH AND RISING haben erfolgreich an der Qualität der einzelnen Bestandteile gewerkelt, wovon der Gesang am meisten profitieren konnte. Die Kunst des Weglassens hat sich vor allem bei den Jahrmarkts-Synthies bewährt – „Follower“ gibt sich in dieser Hinsicht angenehm schlicht. Das Songwriting hingegen erfährt kaum eine Bereicherung, denn es wird nach wie vor durch die eine Schlüsselfrage in Kombination mit dem eigenen Selbstverständnis behindert, die man sich eigentlich nie stellen sollte: Wir sind so high, wie werden wir noch higher?

PS: Auf Bitte der Musiker haben wir ihre Namen nur als Kürzel mit ihren Initialen veröffentlicht.

Punkte: 6/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.10.2013

Tracklist

  1. False Prophecies
  2. Insight And Sacrifice
  3. All The Same
  4. Buried
  5. Between The Lights
  6. The Arsonist
  7. The Farewell
  8. The Descent
  9. Underhanded
  10. I Am No Dreamer
  11. My Cure
  12. Till The End
  13. Epilogue

Besetzung

  • Bass

    L.H.

  • Gesang

    N.B., F.M.

  • Gitarre

    T.W., T.H.

  • Schlagzeug

    F.M.

Sonstiges

  • Label

    Noizgate Records

  • Spieldauer

    37:26

  • Erscheinungsdatum

    11.10.2013

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