Indie Rock aus Italien hört man nicht jeden Tag. Warum das Land so wenig in diesem Bereich hervorbringt, mag – so man das Klischee reiten möchte – daran liegen, dass der männliche Teil der Bevölkerung wenig von Jammerlappen-Gesten und weibischem Gehabe hält, wie es eben nicht wenige Hänflinge an den Tag legen, die sich in diesem stilistisch schwer dingfest zu machenden Genre tummeln. Die Protagonisten der Szene, etwa MINISTRI oder VERDANA, verweilen demzufolge eher im Untergrund als den Charts.
Wie dem auch sei: A TOYS ORCHESTRA sind der Stilistik mit ihrem schrammeligen, leicht poppigen Sound eindeutig zuzuordnen, auch wegen des üppigen Zierrats aus Klimper-Piano („Midnight Revolution“) und spleenigen Synthesizer-Sounds („Peter Pan Syndrome“), die während „Plastic Romance“, dem eindrucksvollsten Stück dieser Kompilierung, um Postrock-Hallfahnen und Zirkus-Bläser nebst Pauke erweitert werden.
Sänger Enzo klingt in der berührenden Ballade „Invisible“ wie der junge Elton John, während die ähnlich gelagerten „Letter To Myself“ und „Powder On The Words“ die klassische Songwriter-Schiene (geschlagene Akustikgitarre) bedienen. Bei alledem gewinnt man den Eindruck, die Musiker stammten aus den Staaten, wo dieser Sound im Zuge erschöpfender BEATLES-Huldigung in weltweit höchster Dichte kultiviert wird. Schuhstarren ist somit wenig verwunderlich während „Summer“ angesagt, und „Celentano“ bleibt der einzige Verweis auf die eigentlichen Wurzeln von A TOYS ORCHESTRA: Italo-Pop im Stile der Sechziger und Siebziger, gleichwohl immer noch mit englischen Texten.
So musiziert die Band durchweg mit Klasse, aber weniger eigenständig, als sie es mit Sinn für ihre Herkunft tun könnte. Davon abgesehen stellt „Panic Attack #1“ einen angenehm lärmigen und düsteren Ausreißer mit Electrorock-Qualitäten dar, von denen man sich in Anbetracht der Vielzahl von sachten Stücken mehr gewünscht hätte. Die fünf Alben der Band warten nämlich mit einer Breite von Sounds auf, welcher diese Zusammenstellung nicht gerecht wird. Andererseits: Den schummrigen Hit „Miss Macabrette“ (klingt wegen des Akkordeons sehr französisch) sollte man ebenso gehört haben wie das wehmütige „Late September“. Im falschen Land geboren? Dass die Gruppe bereits DURAN DURAN gecovert hat, spricht ebenfalls dafür.
FAZIT: Mit diesem Sampler darf man sich A TOYS ORCHESTRA vorstellen lassen, eine durchweg nette und unverkrampfte Band im Fahrwasser von ELBOW oder CURSIVE, deren Eigenkennung im Zusammenhang eines der richtigen Alben jedoch leichter offenbar wird als auf „An Introduction To“.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.01.2013
Ilaria D'Angelis
Enzo Moretto
Raffaele Benevento
Enzo Moretto
Andrea Perillo
Fausto Ferrara
Urtovox / Alabianca
57:27
07.01.2013