Das Konzept, die Highlights unter seinen für andere Künstler geschriebenen Songs selbst zu interpretieren, klingt auf dem Blatt Papier reizvoll, doch Albert Hammond hat es auf "Legend II" ebenso bieder umgesetzt wie bei seinem ersten Versuch. Dies liegt vor allem an den gerade rhythmisch arg statischen Arrangements der Stücke, denn nicht umsonst zeichnet Produzent Denis Valerga ausdrücklich fürs Programmieren verantwortlich.
Für die Erbsenzähler: "Don't You Love Me Anymore" wurde Joe Cocker auf den rauen Leib geschneider und kommt hier im schnöde behäbigen Uff-ta daher, dass es ein Ärgernis darstellt. Daran ändert die belegt schmelzige Stimme des Komponisten genauso wenig wie während "I Don't Wanna Live Without Your Love" (CHICAGO), bei dem zumindest der üppige Chor-Refrain das Debakel mindert. Tina Turner klang häufig selbst fies synthetisch, aber ihre Stimme ficht Hammond weder in "The Way Of The World" und "I Don't Wanna Lose You", noch mit "Be Tender With Me Baby" oder "Ask Me How I Feel" nicht an - nein, sein Vortrag klingt regelrecht gestelzt, und die Drum-Rolls im Intro des zweiten Songs (in Tommy Nillsons "Looking Through The Eyes Of A Child" ebenso verbrochen) sind gemeinsam mit den Flöten-Keyboards eine Beleidigung für die Ohren.
Auch der akustische Kontext der Hymne "The Snows Of New York" (Chris DeBurgh) wird durch den Klopfgeist verdorben, und selbst das One-Hit-Wonder LIVING IN A BOX klang mit seiner Version von "Room In Your Heart" natürlicher. Aberwitzig wird es, wenn Hammond in "I Guess I Really Had It Coming" vor diesem Plastik-Hintergrund den rockenden Gecken abgibt. Seine ewigen Gassenhauer "Rebecca", eine Kollaboration mit Mike Hazlewood, und der Über-Pop "Everything I Want To Do" kommen jeweils mit einer schmissigen Neuinterpretation glimpflich davon.
"Be Tender With Me Baby" und Diana Ross' "When You Tell Me That You Love Me" funktionieren mit teils verschwenderischen Strings als Schmonzetten, die sie im Original auch waren, eigentlich recht gut. Mit solchen Stücken (auch das unter anderem für Whitney Houston geschriebene Drama "One Moment In Time" und Roy Orbisons "Careless Heart" gehören dazu) kann Hammond seine Trümpfe ausspielen: Wehmutsstimmung bei griffiger Melodie, welche über den instrumentalen Unterbau hinweghören lässt. Gute Songs funktionieren eben sowohl am Lagerfeuer als auch im Konzertgraben, nicht wahr? In dieser Hinsicht ragen auch "Down By The River" und das uralte "If You Gotta Break Another Heart" für John Fyffe heraus.
Was bleibt zu sagen? Es stellt ein Armutszeugnis dar, dass sich ein Weltstar, der wahrlich nicht aufs Geld schauen muss, so billig aus der Affäre ziehen möchte. Dies ist der Stoff, dem illegales Downloading recht geschieht.
FAZIT: Albert Hammond ist als Zuarbeiter zahlloser Künstler und überragender Songwriter im Mainstream sicherlich über jeden Zweifel erhaben, doch "Legend II" beschmutzt zum Teil Stücke, die im Original als unzerstörbare Radio-Hymnen in die Geschichte eingingen und für viele Menschen mit schöneren Erinnerungen verbunden sind, als diese Bearbeitungen in Aussicht stellen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.04.2013
Hypertension / Soulfood
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15.02.2013