Zwei Dinge lassen den Kritiker stutzen, wenn es um „Jade Hearts“, das zweite Album der französischen Schwestern Sarah und Mélissa Fontaine unter dem Projektnamen CHASING VIOLETS geht. Erstens: Die ausgesprochen freizügigen Fotos der beiden Sängerinnen, die eher an eine Karriere in einem anderen „künstlerischen“ Metier denken lassen. Zweitens: Die gewaltige Armada an prominenten Gastmusikern, die an der Entstehung von „Jade Hearts“ beteiligt gewesen sind.
Da liegt natürlich die Vermutung nahe, dass mit nackter Haut und Namedropping mangelnde musikalische Qualität kaschiert werden soll – was ja in beiden Fällen beileibe nicht das erste Mal wäre. Doch, erstaunlicherweise, die Sorgen sind ziemlich unbegründet. Zwölf Songs lang säuseln sich die beiden Fontaine-Schwestern durch weitgehend ecken- und kantenfreie AOR-Songs, die zwar alles andere als rau sind, dafür aber geschmeidig auf sanften Raubtierpfoten angeschlichen kommen, kompetent musikalisch dargeboten werden und genügend Substanz besitzen, um nicht als Schmalz abgetan zu werden. Die Keyboards stehen oftmals dominant im Vordergrund, während die Gitarre sich lediglich als Soloinstrument nachhaltig in den Vordergrund spielen darf.
Stimmlich ist bei den beiden Damen alles im Lot, wenngleich sich der Kritiker an mancher Stelle dann doch ein wenig mehr Schmutz in der Stimme wünschen würde. Ähnlich wie bei den auf Hochglanz polierten Fotos der beiden Mikrofongrazien wurde auch am Sound so lange poliert, bis alles rund und glatt klingt. Musikalisch ist man – kein Wunder bei diesem Stil – ziemlich tief in den 80er-Jahren verwurzelt, beim Sound gewandet man sich aber im zeitgemäßen Dress.
FAZIT: Wer AOR und Melodic Rock gerne sanft und einschmeichelnd mag, der ist mit „Jade Hearts“ und dem daruf enthaltenen zuckersüßen Mix aus HEART, VIXEN und JOURNEY bestens bedient. Und mit hübschen Damen am Mikrofon und jeder Menge prominenter Gäste. Falls das jemand vergessen haben sollte in der Zwischenzeit.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.06.2013
Sarah Fontaine, Mélissa Fontaine, Paul Sabu, Göran Edman, Mikael Erlandsson
Tommy Denander, Christian Tolle
Eric Ragno
AOR Records
64:14
14.06.2013