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Reviews

Chris: Days Of Summer Gone

Stil: Progressive Symphonie

Cover: Chris: Days Of Summer Gone

Was immer man auch dem holländischen Multiinstrumentalisten CHRIStiaan Bruin unterstellen möchte, auf keinen Fall aber, dass er nicht eine Leidenschaft für Abwechslungsreichtum auf jedem seiner bisher fünf Solo-Alben an den Tag legt. Album für Album lebte von einer anderen musikalischen Ausrichtung – über der allerdings der Überbegriff „Progressiv“ schwebt, selbst wenn nicht jede CD gleichermaßen gelungen war.

Denn CHRIS bescherte uns auf seiner dritten Scheibe einen ziemlichen Rohrkrepierer, da er seine kompositorischen Ideen sowie die akustischen Instrumente seinem größtenteils elektronischen Instrumentarium dermaßen unterordnete, dass die Musik sich gänzlich darin verlor und als klingendes Beiwerk ihr steril produziertes Dasein fristete. Dabei hatte er doch zuvor auf seinem ersten Album eine interessante Musikmischung aus Prog-Rock und den BEATLES und seiner zweiten CD eine regelrecht faszinierende Neo-Prog-Scheibe IQ-scher Prägung rausgehauen, die viele Neo-Prog-Freunde mehr als aufhorchen ließ. Dann aber der besagte Tiefpunkt aus einer Synthese von elektronischem Prog und 80er-Jahre-Disco-Anleihen. Doch zum Glück ließ CHRIS' viertes Album „Snow Stories“ dann wieder hoffen, da es sich an seinem Debüt orientierte, aber noch stärker auf den Pop der 60er Jahre zurückgriff. Eine Offenbarung waren allerdings auch diese „Geschichten vom Schnee“ noch nicht.

Nein, diese Offenbarung liegt jetzt vor uns und trägt nach dem winterlichen Vorgänger den Titel „Days Of Summer Gone“, besteht aus sechs sich zwischen 5 und 15 Minuten bewegenden Songs und enthält eine Neuerung, die aus den bisherigen Spektren der CHRIS-Klänge ein Klang-Universum werden lässt. CHRIStiaan Bruin integriert erstmals Cello, Violine, Oboe, Flöte, Trompete und Posaune in seine Musik. Aber nicht etwa als synthetisch erzeugte Instrument-Abbilder, sondern von sechs offensichtlich klassisch ausgebildeten Musikern eingespielt. Und diese Streicher und Bläser bestimmen das gesamte Album. Statt den vorherigen Anleihen im Pop, wird nun die Klassik zur tragenden Musik-Säule und „Days Of Summer Gone“ zu einer wahren Symphonie.
Ist das nun die Wiedergeburt der frühen MOODY BLUES?
Durchaus!
Es ist aber noch viel, viel mehr!
Es ist wirklich progressiv!
Ein progressives Rockalbum, das sich akustisch grundiert und am Ende alle Zutaten einer guten Symphonie in ich trägt.

Progressive Musik auf der Höhe ihrer Zeit, die an den Grenzen alles Machbaren kratzt.
CHRIS definiert diesen Begriff für sich so ähnlich wie wir es von einem STEVEN WILSON kennen, der einem vielleicht noch in den Sinn kommt.
CHRIStiaan BRUIN lauert längst in dessen Schatten.
Oder ist er schon dessen holländische Entsprechung?
Auch wenn CHRIStiaan Bruin wohl kein eigenes Studio hat, um von seinen Prog-Helden die Alben in multimedialem, dolbydigitalem Surround-Sound abzumischen und zu veredeln. Als Musiker, nicht als Produzent, ist er diesem musikalischen Prog-Tausendsassa nach „Days Of Summer Gone“ ebenbürtig, was auch so einige Parallelen, die nicht abgekupfert, sondern weitergedacht wurden, beweisen.

Klassische Klänge.
Mystische Stimmungen.
Akustische Instrumente.
Bombastischer Sound.
Verträumt anmutender Gesang. Bei „Heliphobia“, ein Song, der locker jedem PORCUPINE TREE-Album zur Ehre gereichen würde, sogar Ausflüge in Richtung Jazz.
Ein geheimnisvoll gestaltetes, fast kindlich anmutendes, gemaltes Cover.
Ausgezeichnete Produktion.
Kryptisch erscheinende Texte, hinter deren verständlich-anspruchsvoller Lyrik thematisch die kleinen Katastrophen lauern, um am Ende aus vergangenen Sommertagen eine inhaltliche Apocalypse entstehen zu lassen, ähnlich wie bei „The Raven That Refused To Sing“.
Im Falle von CHRIS lauten dann die letzten Zeilen von „Days Of Summer Gone“ allerdings so: „We're lost / The flame inside our hearts / The days of summer gone / We wait within the dark / The day of judgement comes / As the battle rages on / Within the sacred realm / And when the dark is gone / We come to life at dawn“ (Wir verloren / Die Flamme in unserem Herzen / Die Sommertage sind vergangen / Nun warten wir in der Finsternis / Auf den Tag des jüngsten Gerichts / Während die Schlacht immer schlimmer tobt / Im heiligen Reich / Und erst wenn die Dunkelheit bezwungen ist / Können wir die Morgendämmerung erleben.)

FAZIT: Die musikalische Morgendämmerung progressiver Rockmusik ist längst angebrochen. Sie trägt einen Namen: „Days Of Summer Gone“. Und sie hat ein Gesicht: CHRIStiaan BRUIN!

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.11.2013

Tracklist

  1. Out In The Night
  2. Distances
  3. Cold Heart
  4. Heliphobia
  5. A Heart's Endeavour
  6. Days Of Summer Gone

Besetzung

  • Bass

    Christiaan Bruin

  • Gesang

    Christiaan Bruin

  • Gitarre

    Christiaan Bruin

  • Keys

    Christiaan Bruin

  • Schlagzeug

    Christiaan Bruin

  • Sonstiges

    Roben Van Kruistum (Cello), Intan Werry (Violine), Maxime Le Winter (Oboe), Federico Dalpra (Flöte), Peter Bruin (Trompete), Joey Van Deusburg (Posuane)

Sonstiges

  • Label

    Progress Records

  • Spieldauer

    62:03

  • Erscheinungsdatum

    07.10.2013

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