Heutzutage gibt es tatsächlich noch „so extrem aufgeklärte, neunmalkluge“ Menschen, eben urige deutsche Zeitgenossen, die glauben, dass, wenn sie etwas vom Schamanismus oder Schamanen hören, sie es mit ein paar „sektierenden“ Indios zu tun haben, die mit verschwörerischen Gesängen durch den Wald tanzen und böse Gebete gen Himmel ausstoßen, um den Weltuntergang herbeizureden. Natürlich können solche Leute nicht wissen, dass genau die Umkehrung ihrer Vorurteile den Schamanismus und die eigentlichen Schamanen, denen das höchste Gut die Erhaltung der Natur ist, ausmacht! Vielleicht sollten unbedingt sie sich „Màizan Thaw“, die neuste Entdeckung aus dem Hause BESTE! Unterhaltung, anhören!
Allerdings werden die meisten dies natürlich nicht tun und sich auch weiterhin mit ihren Ansichten auf die Traditionen des christlichen Abendlandes berufen und vorgeblich zur Bundestagswahl Angela Merkel wählen, weil sie genausowenig Ahnung von der Bedeutung einer Erst- und Zweitstimme haben wie vom Schamanismus. Und über ihr permanentes Meckern hinaus scheinen sie vergessen zu haben, dass sie mit ihrer CDU-, aber nicht Merkel-Stimme (Weil eine Bundeskanzlerin nun mal nicht von denen gewählt wird, für die sie die Verantwortung trägt, nämlich ihr Volk!), ein „Weiter so wie bisher!“ für die nächsten vier Jahre in Deutschland zementierten. Vielleicht hätten sie sich doch ein wenig mehr mit dem Schamanismus beschäftigen und erkennen sollen, dass ihr modernes Weltbild irgendwie aus den Fugen geraten ist. Nun haben sie endlich die große Chance, beim Hören des Albums „Màizan Thaw“ von ELIN KÅVEN, der in Skandinavien als „arktischen Fee“ geltenden Sängerin, die eine Urenkelin des berühmten Schamanen der eisigen Tundra Sapmi ist, dieses Weltbild wieder gerade zu rücken und zu erkennen, dass die wahre Magie der Schamanen wohl in ihrer Liebe zur und im Lernen von der Natur sowie in der wirklich elfengleichen Stimme von ELIN KÅVEN liegt.
Mit „Màizan Thaw“ hält der aufgeschlossenen Musik-Freund ein Album in seiner Hand, das Natur atmet, Natur besingt, Natur lebt und liebt – und das seine Schönheit genauso entfaltet wie das wunderbunte Herbstlaub an den Bäumen, bevor es zu Boden fällt und auf dem Asphalt braun und unansehnlich wird. Wir reisen gemeinsam mit der Sängerin nach Sapmi, ein Land, in dem sich der Geist der Folklore und der Mystik miteinander vereint – und unsere durch diese musikalische Reise führende Sami-Nomadin, die nördlich des Polarkreises ihre Gaben nicht von den „Heiligen drei Königen“, sondern der heiligen Natur in die Wiege gelegt bekam, begleitet uns mit ihrer elfengleichen Stimme, die sich auch ohne Probleme neben anderen Feen-Stimmen, wie den von LOREENA McKENNITT und MARIA BOINE, ebenfalls eine samische Sängerin, mit einordnet. Mit Texten, die sie in ihrer Sprache, dem Sami, singt und die, gerade weil sie so natürlich und wichtig erscheinen, auch in englischer Übersetzung im Booklet dieses liebevoll gestalteten Digi-Packs zu finden sind. Ein kurzes Beispiel aus dem letzten Song, Beautiful Place (Wundervoller Ort), ein beinahe 10minütiger, regelrecht mystisch-meditativer, sehr atmosphärischer Titel, soll dies auszugsweise (Hier in meiner deutschen Übersetzung!) belegen:
Schau dir an,
wie alle Fäulnis im Wasser untergeht.
Schau nur hin,
wie Unheil auch im Himmel verschwindet.
In dieser Welt überlebt nicht das Böse.
Und die Wolken am Himmel
erzählen uns ihre Geschichte
und weisen uns den Weg.
Doch dieser einzigartige Weg ist nicht asphaltiert.
Er aber weist uns die Richtung -
Zum wundervollsten Ort, den es gibt.
Dazu der Gesang unserer schamanischen Elfe und Instrumente, die man in ihrer Ungewöhnlichkeit und Vielfalt gar nicht aufzählen kann. Vibraphone, Glockenspiele, Violas, Fideln und und und. Aber auch Synthesizer und andere elektronische Instrumente verleihen der Musik einen atmosphärischen Raum, der sich zwischen Himmel und Hölle bewegt, aber immer Richtung Himmel strebt. Denn nur dort ist er zu entdecken – dieser wundervollste Ort, zu dem keine asphaltierte Straße, kein künstlich angelegter Weg führt. Und immer wieder treffen wir in der Musik, die indianische Folklore in Form von Trommeln und Holzblasinstrumenten in moderne, sogar leicht dem Pop zugewandte Melodien verschmelzen lässt, auf Botschaften, von der wir in unserer zivilisierten Welt nichts mehr hören wollen, weil sie eben von Indianern, aber nicht von Kreuz(-Rittern und)-Anbetern feilgeboten werden. Gerade diese Botschaften aber wären viel wichtiger als unser Streben nach all dem Materiellen, das uns mehr gefangen nimmt, als uns die angestrebten, ersehnten Freiheiten zu bieten.
Also nimmt uns nur diese Musik gefangen und mit ihr solche Weisheiten wie die des Tatanga Mani: „Vieles ist töricht an eurer Zivilisation. Wie Verrückte lauft ihr weißen Menschen dem Geld nach, bis ihr so viel habt, dass ihr gar nicht lang genug leben könnt, um es auszugeben. Ihr plündert die Wälder, den Boden, verschwendet die natürlichen Brennstoffe, als käme nach euch keine Generation mehr, die all dies ebenfalls braucht. Die ganze Zeit redet ihr von einer besseren Welt, während ihr immer größere Bomben baut, um jene Welt, die ihr jetzt habt, zu zerstören.“ Doch keine Angst, nicht jeder Song des Albums klingt mysthisch-meditativ oder melancholisch-abgehoben. „Heartlight“ lässt uns an die größten Pop-Hits einer OFRA HAZA denken und müsste jede Disco-Tanzfläche auf einen Schlag füllen. Ganz genauso wie „Night Treasure“, mit Synthi-Gezwitscher und einem anfangs an „Cotton Eyed Joe“ erinnerndes Banjo. Dazu ein klatschender Schlagzeug-Rhythmus und Electronics, die im Hintergrund, gemeinsam mit Elins Gesang, den melodiösen TANGERINE DREAM-Hits, wie „Kiew Mission“, entsprungen sein könnten.
Wir müssen uns also wirklich sehr viel Zeit nehmen, um Màlizan Thaw“ zu hören und all die Klangvielfalt zu entdecken, statt in dieser Zeit mal, wie schon viel zu oft, unsere Natur zu zerstören. Wenn das eine (Musik-)Sekte sein sollte, dann bin ich gern deren Guru, in dieser inhalts- und liebevollen Klang-Religion. Und ELIN KÅVEN darf gerne ihre Stimme dabei erheben, um zu zeigen, dass, wo Elfengesänge erklingen, nicht ein Haufen Spinner, sondern aufgeschlossene, naturverbundene Musikliebhaber sich vor ihren Boxen vereinen, weil mit solcher Musik auch unsere Welt ein klein wenig besser werden kann, damit am Ende nicht wirklich die Weisheit der Cree-Indianer eintritt: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.“ Also besser ELIN KÅVEN hören!
FAZIT: „Màizan Thaw“ ist ein Album geworden, für das wir uns viel Zeit nehmen sollten. Es verbindet indianische und schamanische Naturverbundenheit mit moderner Musik, um zu beweisen, dass Natur und Moderne nebeneinander und miteinander hervorragend funktionieren. Wer glaubt, dass beides miteinander unvereinbar ist, der hat noch nie etwas von der feenhaften, schamanischen Urenkelin, ELIN KÅVEN, die wie eine Elfe singt, gehört!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.09.2013
Juhani Silvola
Elin Kåven
Juhani Silvola, Sarah-Jane Summers
Juhani Silvola
Juhani Silvola
Beste! Unterhaltung / Nordic Notes
42:57
27.09.2013