Schlicht "You" betitelt, kommt auch das Coverartwork des fünften Albums der bayerischen Melodic Death Metaller EMERGENCY GATE betont unauffällig daher. Für die zwölf hierauf vertretenen Songs gilt das indes nicht, denn die recht ausgefeilten, trotzdem eingängigen Songs machen sich auffällig breit.
Melodien aus dem Göteborg-Fundus, ein knackiger Härtegrad, jede Menge Keyboards und zwei Stimmen - im Grunde genommen haben EMERGENCY GATE alles auf Lager, was das Herz des Genrefans begehrt. Zudem hört man die Erfahrung, die man in inzwischen beinahe 17 Jahren des Bestehens gesammelt hat, den Songs gut an. Handwerklich sitzt hier alles am richtigen Platz, das Songwriting ist routiniert. Die früher noch vorhandene Power Metal-Schlagseite ist einem zeitgemäßem Metalcore-Einfluss gewichen, geblieben sind jedoch die leichten SENTENCED-Anleihen, wenn man etwas gothic-lastiger zu Werke geht und dann der Klargesang zum Zuge kommt. Gesanglich ist man allgemein auf der sicheren Seite, der Klargesang sitzt sattelfest und ist ansprechend, das übliche Gebrüll aggressiv genug, aber nicht übertrieben.
So weit, so gut? Fast. Als deutlicher Kritikpunkt müssen die Keyboards herhalten, die mit aufdringlicher Omnipräsenz jedes Soundloch stopfen und bei denen man zu oft auf Sounds aus der Techno- und Electro-Konserve zurückgreift. Das mag man zwar auch als Trademark verstehen wollen, aber weniger ist manchmal eben doch mehr. In Sachen Songwriting zeigt man sich wie gesagt routiniert, aber nicht sonderlich mutig. Dem Material mangelt es immer mal wieder an Begeisterungsfähigkeit, solide ist hier wohl das Stichwort. Zwar hat man mit "rEvolution" und "Alone" auch zwei Songs auf Lager, die durchaus Hitpotenzial offenbaren, während das flache "Moshpit" zumindest live gut funktionieren sollte und "Breathless" ein bisschen wie HIM auf dem Melodeath-Trip klingt, aber ansonsten kommt man über gehobenen Genrestandard nicht hinaus. Dass "You" einen zeitgemäßen Digitalsound hat, versteht sich wohl von selbst.
FAZIT: Warum es für EMERGENCY GATE bisher nicht für den großen Durchbruch gereicht hat, macht "You" ganz gut deutlich. Man macht im Grunde genommen wenig falsch, aber nicht genug so richtig, als dass man zu den Genrespitzen vordringen könnte. Und besonders mit dem neuen SOILWORK-Album "The Living Infinite" im Ohr zeigt sich der Klassenunterschied. Wer in seinen Vorlieben auf das Genre festgelegt ist, sollte trotzdem mal reinhören, denn schlecht geht auch ganz anders.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.03.2013
Mario Lochert
Matthias Kupka
Vladi Doose, Udo Simon
Daniel Schmidle
Chris "The Machine" Widmann
GoldenCore/ZYX
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25.01.2013