Unermüdlich verfolgen die süddeutschen Gothic Rocker END OF GREEN ihren Weg und kredenzen mit "The Painstream" bereits ihr achtes Album. Und während die Genrevorreiter HIM sich inzwischen nur noch auf ihrem Namen ausruhen und mit "Tears On Tape" ein langweiliges Nummer-sicher-Album ablieferten, tut die Band um den charismatischen Frontmann Michelle Darkness gut daran, ihr Spektrum behutsam zu erweitern. Und so fällt "The Painstream" angenehm abwechslungsreich aus.
Bis man zu dieser Erkenntnis kommt, dauert es aber seine Zeit. Denn die ersten fünf Songs bieten über weite Strecken gewohnte, aber souverän dargebotene Kost. "Hangman's Joke" ist ein flotter Opener, bei dem der seltsam fröhlich wirkende Refrain jedoch ein bisschen aufgesetzt wirkt. Die TYPE O NEGATIVE-Referenzen in "Holidays In Hell" wissen da schon besser zu gefallen und zeigen die Variabilität in Michelle Darkness' Gesang, die im weiteren Verlauf mehrfach zum Tragen kommt, auf. Ein härteres Stonerriff und der gute Refrain zeichnen "Standalone" aus, während das ruhigere, schön gesungene "Final Resistance" erstmalig postrockige Gitarrensounds offenbart. "De(ad)generation" hat in seiner poppigen Eingängigkeit das Zeug zum Düsterclubhit. Bis hier hin passt das Zwischenfazit "So weit, so gut" - wirkliche Überraschungen gibt es keine und das Gebotene wirkt ab und an ein bisschen zu glatt. Dass END OF GREEN es drauf haben, eingängige, gute Songs zu schreiben, weiß man ja inzwischen.
Wenn im Promozettel davon fabuliert wird, dass END OF GREEN sich auf die letzten echten Konstanten im Leben, nämlich den Schmerz und die Leidenschaft berufen, dann fragt man sich "Wo ist denn der Schmerz?" Klar, fröhliche Musik machen END OF GREEN freilich nicht, aber bittersüß ist eben auch nicht so richtig bitter. Zumal es Bands gibt, die es viel besser verstehen, Schmerz in ihren Songs zu vermitteln - man denke da an ANATHEMA oder KATATONIA. Womit wir bei der zweiten Albumhälfte von "The Painstream" angekommen wären. Denn hier verlassen END OF GREEN die bekannten Pfade zumindest ansatzweise und so erinnert das recht intensive, traurigere "Home On Fire" genauso an eben jene KATATONIA, wie auch das mit schönen Postrock-Gitarren intonierte "Don't Stop Killing Me". Dieser Song weist ebenfalls eine latente Verwandschaft zu "The Flood" von THE HAUNTED auf, das von deren düsterstem Album "The Dead Eye" stammt. Dazwischen findet sich mit "Death Of The Weakender" eine bluesige Nummer, die den Rahmen von END OF GREEN zwar nicht sprengt, aber immerhin erweitert. Im weiteren Verlauf erweist sich "Chasing Ghost" als flott-eingängige Standardnummer, während "Miss Misery" die obligatorische Ballade darstellt. Beim abschließenden Titeltrack versucht man sich recht erfolgreich an der hoffnungsvollen Düsternis (oder der düsteren Hoffnung), die ANATHEMA inzwischen verbreiten.
Wie üblich wurde auch "The Painstream" mit Stammproduzent Corni Bartels aufgenommen und klingt dadurch eben genau so, wie die letzten Alben, auch wenn zumindest bei den Gitarren die postrockige Komponente als dezente Neuerung durchgeht.
FAZIT: Ein bisschen wirkt "The Painstream" wie ein Übergangsalbum. Man versucht einerseits, eine neue, andere Tiefe in die Songs zu bringen, ohne aber die eingespielten Trademarks außen vor zu lassen. So schafft man es, dass kein Fan von dem Album enttäuscht sein wird, man aber gleichzeitig den Willen zur Weiterentwicklung erkennen lässt. Dass END OF GREEN dabei trotzdem (noch) nicht die emotionale Wirkung erzeugen, die Bands wie ANATHEMA oder KATATONIA auszeichnet, ist eine eher subjektive Empfindung. Klar besser als HIM sind END OF GREEN inzwischen aber zweifellos.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.09.2013
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