Dieses vierte Album der seit Beginn der Achtziger bestehenden, aber erst nach 2000 debütierenden Schweden stellt sich als unerwartetes Doom-Highlight heraus.
FAITH haben wahrlich einen langen Weg hinter sich; Johansson und Svensson sind echte Veteranen, die sich bei MERCY beziehungsweise LOCOMOTIVE BREATH verdingt haben oder es immer noch tun, und die langjährige Erfahrung zeichnet sich hörbar aus. "Decades Of Despair" ist Genre- und landestypisch ausgefallen (lange Songs, episch melodische Ausrichtung mit zusätzlichen Harmonie-Instrumenten, in diesem Fall vor allem die Geige neben eines Keyboards). Der elfminütige Titelsong zu Beginn steht dabei in der Tradition von WHILE HEAVEN WEPT, ist versonnen bis tottraurig, ohne aufgesetzt zu klingen, aber ein vergleichsweise unspektakulärer Anfang.
"Iscariot" verbindet kurzerhand ein wie SABBATHs "A National Acrobat" swingedes Riff mit Strukturen eines Gospels nach Frage-Antwort-Prinzip sowie einem eleganten, enorm griffigen Melodic-Metal-Chorus und psychedelischer Bridge. In "Hwila" lässt sich Nilsson dann von einer weiblichen Stimme unterstützen, die eingedenk der präsenten Geige und seinem Rezitativ für eine geringfügige Gothic-Aura verantwortlich zeichnet. "Boeves Psalm" ist ein kurzes Instrumental mit Akkordeon (!) im Sinne eines skandinavischen Folk-Songs und somit ein ehrlich erhebender Kontrapunkt vor "Ashes To Ashes", das alttestamentarisch klagend anmutet und mit einer feisten Unisono-Sektion (Gitarre und jawohl: Bläser) aufwartet.
"Hollow" wiederum erinnert mit Klavier und gedämpftem Gesang zunächst an die Norweger FUNERAL zu Frühzeiten, flicht jedoch einen Refrain von CANDLEMASS-Proportionen ein, ehe FAITH in "Marion Crane" ihre progressive Ader ein wenig ausleben, nicht zuletzt durch unauffällige Rhythmuswechsel. Dem erhabenen Nyckelharpa-Zwischenspiel "Stums Polska" folgt das viertelstündige Herzstück "Codex Dei": Akustikgitarren, Sitar, Gebete und Vogelzwitschern bestimmen die erste Hälfte, bevor Nilsson bis zum Ende hin im finsteren Mittelpunkt steht. Der Song strebt ebenso wenig wie die vorigen auf einen Klimax zu, wie die Band überhaupt selten Mega-Hooks komponiert hat, doch alles ergibt trotz der konträren Elemente als geschlossenes Ganzes Sinn.
Wie erfrischend störrisch (gerade für Schweden) FAITH sind, beweisen sie mit der völlig ohne Ironie auskommenden Broadway-artigen Coverversion von Louis Armstrongs "What A Wonderful World" am Ende. Geiler Quertreiber, diese Scheibe.
FAZIT: Doom geht auch anders - FAITH verbinden seine klassischen Werte und Stilmittel auf "Decades Of Despair" zu einem weitgehend zwingenden und spannenden Gesamtwerk, das im allseitigen Klischee-Treiben und darüber Hinaus Bestand behalten wird.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.03.2013
Peter Svensson
Christer Nilsson
Roger Johansson
Peter Svensson
Håkan Malmros (Geige), Anders Smedenmark (Nyckelharpa)
Transubstans / Record Heaven
72:00
18.01.2013