Selbst wenn der Name dieser norwegischen Band etwas KonFUSION hervorruft, so ist doch gewiss, dass diese Fusion keinesfalls fatal ist. FATAL FUSION unternehmen auf ihrem zweiten Album „The Ancient Tale“ den Versuch, die üblichen Verdächtigen aus dem Bereich progressive Rockmusik der eher ruhigen Güteklasse miteinander zu vereinen, um daraus ihre eigene, kleine Prog-Musik entstehen zu lassen. Geschickt orientieren sie sich dabei an solchen Szene-Größen wie CAMEL, ARENA oder PENDRAGON und peppen diese mit ein paar eigenständigen Jazz- und verstreuten Hard-Rock-Zutaten der Marke DEEP PURPLE oder bedrohlichen Gesangseinlagen und Sprechtexten auf.
Nicht immer erreicht dabei dieses Konglomerat aus klassischem Prog und verhaltenem Rock den Hörer, weil größtenteils eigene Musik-Ideen viel zu rar gesät sind und von musikalischen Erinnerungsstücken aus längst vergangenen Zeiten ausgetauscht wurden. Die Norweger beherrschen als Musiker zwar ihr Handwerk gänzlich perfekt, doch das kompositorische Geschick ist nur ähnlich überschau- und austauschbar ausgeprägt wie das blödsinnige Cover naiver Malerei, auf dem ein halb bekleidetes Engelchen ohne Flügel, aber mit Heiligenkranz, mit seinem Flitzebogen gegen den bösen Krieger mit Sonnenkranz und nicht etwa Streit-Axt, sondern Schwert antritt. Schon beim Blick auf dieses „Kunstwerk“ weiß man, dass wohl auch die textliche Qualität von „The Ancient Tale“ gegen Null geht. Es lohnt nicht, sich darauf einzulassen, selbst wenn der recht raue Gesang von ERIK GRØNTVEDT, den man eher auf einem Blues- als einem Prog-Album vermuten würde, dem Album einen gewissen Charme verleiht. Die Geschichte zumindest versprüht diesen Charme nicht!
Die Musik selber bietet demgegenüber mehr Abwechslung und klingt wie alter Prog-Musik-Wein aus neuen Schläuchen. Mittelalterliche Klänge fehlen dabei genauso wenig wie beinahe klassisch klingende „April“-Ausflüge in die ganz frühen DEEP PURPLE-Zeiten, in denen JON LORD (Friede sei mit ihm!) verzweifelt versuchte, die Hard-Rocker in Richtung Klassik zu bewegen oder umzustimmen. Ja, er hätte es vielleicht mit mittelalterlicher Musik versuchen sollen – RITCHIE BLACKMORE wäre ihm tagsüber und ganz besonders natürlich in der NIGHT dankbar gewesen.
Auch die Kombination aus akustischen und bombastischen Momenten, die oftmals überraschend einander ablösen, ist sehr gelungen. Und wenn der abschließende 18 Minuten lange Titel-Song sogar ein unglaubliches PROCOL HARUM-Gefühl verbreitet, das immer wieder von härteren, treibenden Gitarren-Klängen durchbrochen wird, bis ein Sprecher im „Journey To The Centre Of The Earth“-Stil die Geschichte zuende bringt, dann kommt ein Seufzer über unsere Lippen: „Ach ja, früher, das waren noch Zeiten!“ Zeiten, die FATAL FUSION erneut zum Leben erweckt.
FAZIT: Die Norweger lassen es auf „The Ancient Tale“ zwar nicht wirklich krachen, aber sie beeindrucken mit progressivem Retro-Rock, der auch gerne mal den Hard-Rock durchschimmern lässt und nach einer ausgewogenen Mischung aus Akustik und Bombast sucht. Textlich überflüssig, musikalisch beachtenswert, aber nichts Neues. FATAL FUSION klingen wie das musikalische Antiquariat des progressiven Rocks der 70er Jahre.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.12.2013
Lasse Lie
Knut Erik Grøntvedt
Stig Selnes
Erlend Engebretsen
Audun Engebretsen
Karisma Records
67:38
22.11.2013