Zurück

Reviews

Fates Warning: Darkness In A Different Light

Stil: Progressive Metal

Cover: Fates Warning: Darkness In A Different Light

Bitte beachtet auch unser <a href="http://www.musikreviews.de/artikel/Fates-Warning-Darkness-In-A-Different-Light-Massen-Review-90">FATES WARNING Massen-Review</a> unter den Kolumnen!

Dass die Ankündigung eines neuen FATES-WARNING-Albums nach fast 15 Jahren der kompositorischen Irrlichtereien überhaupt noch irgendwelche Erwartungshaltungen beim Kritiker geweckt haben, lag ausschließlich an zwei Umständen: Die Liveauftritte in den letzten Jahren, die eine frische und erfreulicherweise der weiter zurückliegenden Vergangenheit nicht abgeneigten Band zeigten – und das phänomenale ARCH/MATHEOS-Album, das die (für den Autoren) verzichtbaren letzten FW-Produktionen– mindestens zwei, eher drei – mit einem Schlag vergessen machte.

Studioalbum Nummer elf, "Darkness In A Different Light", entstand nach einer neunjährigen Studioabstinenz; die Band war niemals im kompletten Ruhezustand, nur widmete sich vor allem Bandkopf Jim Matheos verstärkt anderen Projekten. Mit Frank Arresti kehrt der lange vermisste zweite Gitarrist zurück (leider nur für die Studioarbeit), Drummer Mark Zonder wurde durch Bobby Jarzombek ersetzt. Die Erwartungshaltung, ohnehin relativ spärlich dimensioniert, sackte durch das zwar edle, aber doch sehr kühle Cover auf ein Minimum zusammen. Sollte die Band etwa die kalten Töne von "FWX" oder "Disconnected" immer noch nicht hinter sich gelassen haben? Waren die phänomenalen Auftritte in Deutschland mit Setlists zum Niederknien etwa nur ein einmaliges Zugeständnis an die nörgelnden Fans?

Jetzt, mindestens 25 Hördurchgänge später, lautet die Antwort: Nein. Gottseidank, nein. FATES WARNING gehen auf "Darkness In A Different Light" mit einer deutlich wärmeren Grundstimmung zu Werke. Natürlich hat Jim Matheos immer noch verstärkt Spaß daran, relativ monotone Riffs zu schreiben – doch tat das dem Hörspaß ja schon auf dem ARCH/MATHEOS-Debüt keinen Abbruch. Dafür hat man ja jetzt in Frank Arresti wieder einen fähigen Mann an der zweiten Sechssaitigen, der ein wahres Feuerwerk in Sachen Soli abbrennt.

Man braucht vier, fünf, sechs Durchgänge, ehe sich die Perlen des Albums in ihrer Gänze entfalten. Bei Songs wie dem Opener "One Thousand Fires", den sehr melodischen "Firefly" oder "Into The Black", die dezente Erinnerungen an das Hitmonster "Parallels" (1991) aufkommen lassen, geht das noch recht schnell. Beim abschließenden Trio "Kneel And Obey", "O Chloroform" (Hammer!) und dem fast viertelstündigen "And Yet It Moves" geht der Fünfer allerdings deutlich sperriger zu Werke; doch zeigt der Blick in die Vergangenheit: Songs, die man sich erarbeiten muss, sind zumeist von einer länger anhaltenden Konsistenz.

Dass FATES WARNING im Jahre 2013 vom ursprünglichen Wortsinn des Wortes "progressiv" natürlich ein gutes Stückchen entfernt sind, sei ihnen verziehen. Immerhin bleiben sie beim Zitieren – wobei der Zeitraum der Selbstzitate grob von 1988 bis 1997 eingeschränkt werden kann – und beschränken sich nicht auf das Verwalten 20 Jahre alter Songfragmente oder komponieren nach Zielgruppenanalyse am Reißbrett. Das Gitarrenduo Matheos/Arresti zeigt erneut musikalische Höchstleistungen, Sänger Ray Alder kommt zwar nicht immer mehr problemlos in die höchsten Höhen, sorgt aber mit Gesangsleistungen wie auf dem Melancholieschmeichler "Falling" auch in tieferen Lagen für Gänsehaut beim Hörer. Manch einer wird Trommelwunder Mark Zonder vermissen, doch macht sein Nachfolger eine fast genauso gute Figur. Und wenn die Band dann in "And Yet It Moves" über 14 Minuten lang in spielerischer Brillanz demonstriert, was man alles aus einem Progressive-Metal-Song machen kann, von melodisch über schreddernd bis melancholisch, dann sind alle Bedenken, die man hatte, bereits lange über Bord geworfen worden. Ein bisschen "Inside Out", ein bisschen "No Exit", ein bisschen "A Pleasant Shade Of Gray", ein bisschen mehr "Sympathetic Resonance" – das sind die Grundzutaten zu "Darkness In A Different Light". Komplex? Ja. Trotzdem nachvollziehbar? Absolut. Kalt? Nur sehr bedingt. Melodisch? Und wie! Wer sich das Album erarbeiten will, bekommt drei, vier Steigbügelhalter, mit denen der Einstieg gelingt, an die Hand (bzw. die Ohren). Danach erschließt sich das Album mit jedem Hördurchgang mehr.

FAZIT: FATES WARNING spielen in ihrer eigener Liga – und erstmals seit "Inside Out" kommt das auch wieder auf Konserve von vorne bis hinten zum Tragen. Jim Matheos hat es geschafft, die Monotonie und die schwermütige Kühle der letzten Album auf einen Bruchteil zusammenzuschmelzen, die Melodien der frühen Ray-Ader-Phase wieder verstärkt in den Focus zu rücken und kompositorisch an das ARCH/MATHEOS-Debüt anzuknüpfen. So stark klangen FATES WARNING seit über 20 Jahren nicht mehr. Und wer heutzutage immer noch darauf hofft, dass die Band zu den epischen "Awaken The Guardian"-Klängen zurückkehrt – dem ist eh nicht mehr zu helfen.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.09.2013

Tracklist

  1. One Thousand Fires
  2. Firefly
  3. Desire
  4. Falling
  5. I Am
  6. Lighthouse
  7. Into The Black
  8. Kneel And Obey
  9. O Chloroform
  10. And Yet It Moves

Besetzung

  • Bass

    Joey Vera

  • Gesang

    Ray Alder

  • Gitarre

    Jim Matheos, Frank Aresti

  • Schlagzeug

    Bobby Jarzombek

Sonstiges

  • Label

    InsideOut/Universal

  • Spieldauer

    57:01

  • Erscheinungsdatum

    27.09.2013

© Musikreviews.de