Geht man es mal geografisch und meteorologisch an, dann hat das britische Trio FEN Glück mit dem Wetter. Die Fens sind eine Marschlandschaft im Osten Englands, die unter dem Meeresspiegel liegt und nur durch ein aufwendiges Pumpensystem trocken gelegt wird. Von der dort herrschenden Stimmung wird die Musik FENs maßgeblich beeinflusst, so lässt die Band verlauten, das der Vorgänger „Epoch“ den Herbst dort vertonte, „Dustwalker“ aber keineswegs die knochentrockenen Sommer, sondern die eiskalte Winterlandschaft.
Schaue ich auf den Schnee vor dem Fenster, könnte es keinen besseren Zeitpunkt geben, das Album zu veröffentlichen. Und „ja“, es ist FEN gelungen, ihrem Anspruch gerecht zu werden. Der Opener „Consequence“ ist noch beinahe reinrassiger Black Metal, zwar melodiös und ordentlich verschachtelt, aber die Drums dürfen im Hintergrund Gas geben und rödeln. Der geisterhaft verhallte Gesang passt wie die Faust auf's Auge, um ein stimmungsvolles Album zu eröffnen. Dann gehen FEN aber deutlich behutsamer zu Werke und liefern einige sehr ruhige Lieder ab, die von stehenden Gitarrentönen getragen werden, man hat unwillkürlich Musiker vor Augen, die konzentriert ihre Effektgeräte bearbeiten, bis wieder die treibenden Drums den emotionalen Abwärtssog in Gang setzen. Die Briten lassen sich Zeit mit ihren Kompositionen, die durchweg unter die Haut gehen, sie verlassen ausgetretene Pfade und scheuen sich auch nicht, akustische hippieske Adaptionen wie den Beginn von „Spectre“ zu zaubern oder New-Wave-Tonfolgen zu zitieren. Und so variabel wie die Instrumente werden auch die Stimmen eingesetzt, genretypisches Fauchen wechselt mit Klargesang und zurück, womit in der Summe eine sehr berührende traurige Musik entsteht, die durchgehend gefangen nimmt. Allein der 13-minütige Rausschmeißer „Walking The Crowpath“ ist das Geld für „Dustwalker“ wert, ein ruhiger Beginn, durchgehende Steigerung und Explosion in Black-Metal-Raserei, der letzten NACHTMYSTIUM-Scheibe nicht unähnlich. Große Kunst.
FAZIT: Emotionale Moll-Orgie der oberen Güteklasse.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.01.2013
Grungyn
Grungyn, The Watcher
The Watcher
Derwydd
Code 666
66:40
21.01.2013