Was länger währt, muss nicht immer besser werden.
Recht überraschend verschoben FILTHY BOY die Veröffentlichung von „Smile That Won't Go Down“ vom 20. September auf den 1. November 2013? Einen Grund dafür scheint's nicht zu geben, außer vielleicht, dass man im Vorfeld mit den bereits veröffentlichten Videos zu „Mental Conditions“ und „Jimmy Jamies“ ein wenig vorfühlen wollte, wie die Musik so ankommt – und aus meiner Sicht werden die Briten wohl nicht so euphorisch damit beim Publikum ankommen, wie sie es erhoffen. Wie auch ich es erhoffte, als ich in englischen Musikzeitschriften bereits lesen durfte, dass die Band um den 20-jährigen Sänger PARAIC MORRISSEY einen Hang zu Indie-Rock mit „skandalösen oder makabren Themen“ hätte und der Bariton des Sängers etwas ganz Besonderes wäre.
Damit wäre schon mal geklärt, dass Paraic seinem singenden SMITHS-Namensvetter MORRISSEY garantiert nicht nacheifert, da dieser ja nicht gerade als Bariton Musik-Geschichte schrieb. Dafür also erinnert dieser dreckige Junge viel eher an NICK CAVE. Und zwar nicht nur seiner Stimme, sondern auch der Texte wegen, die er so von sich gibt und die sich bei dem wohl etwas zu spät Pubertierenden oftmals um diese eine Sache dreht, die man zwar gerne macht, von der man aber in der Öffentlichkeit angeblich nicht spricht. Schmutzige Jungs sind dagegen natürlich ganz anders. Sie singen nämlich darüber! Allerdings in einer Liga, die höchstens Drittklassigkeit im Verhältnis zum erstklassigen Cave aufweist.
Beinahe jeder Song des Albums ähnelt dem nächsten und klingt irgendwo zwischen Alternative-Country und Indie-Rock mit düsterer Attitüde. Ein bisschen ARCTIC MONKEYS und noch etwas mehr FRANZ FERDINAND intonieren mit der Musik und Stimme der FILTHY BOYS schweinische Texte, die für sich in Anspruch nehmen, humorvoll zu sein, auch wenn sich dieser Sinn von Humor sicher nicht jedem erschließt. Ein TOM WAITS ist textlich dagegen die pure Stimmungskanone, auch wenn sich öfters der Verdacht einschleicht, dass die FILTHY BOYS gerne wie Waits texten würden, aber auch in dieser Beziehung nicht über die Drittklassigkeit hinaus kommen.
Die Musiker schleichen regelrecht durch ihre Songs und unterstützen den offensichtlich als Frontmann akzeptierten Sänger, auch wenn der gar nicht so außergewöhnlich klingt oder so sauber singt, wie es die Pressetexte einem weis zu machen versuchen. Am Ende kommt sogar die Frage auf, warum ein EDWYN COLLINS, der das Album in seinem West Heath Studio in nur wenig berauschender Qualität aufnahm, das alles in seiner ganzen Langatmigkeit so zugelassen hat. Die Antwort darauf liegt auf der Hand, wenn man das Statement der Band liest: „Edwyn und seine Frau waren extrem nett und versorgten uns immer mit Pizza und Whiskey.“ Kein Wunder, dass unter diesen Bedingungen nicht mehr als dieses Pizza-&-Whiskey-Album herauskommen konnte.
FAZIT: Wenn schmutzige Jungs aus England Musik machen, auf der die Texte zwar obszön und respektlos sind, deren instrumentale und gesangliche Umsetzung aber nur trantutig und, wie die Band selbst bestätigt, „im Fluss“ klingt, dann sollte man unbedingt mal über einen anderen Band-Namen nachdenken oder endlich auch musikalisch dreckiger klingen als diese Debütanten-Indie-Rock-Langeweile.
Punkte: 5/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.10.2013
Michael Morrissey
Morrissey
Harry Weskin
Ed Bernez
Stranger Records / Indigo
42:33
01.11.2013