Oha, FLESHGOD APOCALYPSE oder „The Beethoven Machine 3.0“. Die Mischung aus barocken Harmoniefolgen und hochpräzisem Geballer Marke FEAR FACTORY sorgte schon beim letzten hier besprochenen Album für unlösbare Kontroversen. Das wird sich auch dieses Mal nicht vermeiden lassen, denn FLESHGOD APOCALYPSE bleiben ihrem irrwitzigen Stil natürlich treu, abgesehen von einigen Verfeinerungen.
Die markanteste ist sicher der verstärkte Einsatz von Sopranistin Veronica Bordacchini, die das eigentlich sehr angenehme Organ von Paolo Rossi fast vollständig verdrängt hat. In fiesem Register veredelt die Dame viele Refrains und behauptet sich erstaunlich gut in diesem riesigen Soundorkan. Die Leistung ist umso beachtlicher, da die Band klanglich diesmal noch mehr Geschütze aufgefahren hat. Und so kann man in der bekannten instrumentalen Kesselschlacht (tieffliegende Hörner von links, tollwütige Streicher von rechts, Orchestral Hits in your Face plus Death Metal-Dauerfeuer) tatsächlich auch noch Keyboards und Chöre ausmachen. Das ergibt theoretisch turmhohe Soundwände, die unkomprimiert aber nicht auf CD passen. In der Konsequenz pfeift, trötet und rappelt „Labyrinth“ stellenweise so dicht, dass man kaum eine Chance hat, die durchaus hübschen Details bei Riffs und Melodien nachzuverfolgen. Für meinen Geschmack ist das des Guten zu viel und auf Dauer zu anstrengend.
Entsprechend abwechslungsreiche Kompositionen würden dem wohl entgegenwirken, doch in diesem Punkt präsentieren sich FLESHGOD APOCALYPSE mehr denn je als festgefahrene Überzeugungstäter, die das Spiel mit Mollkadenzen und verminderten Septakkorden bis zum Letzten ausreizen. In Anlehnung an Opa Hoppenstedt war da früher mal mehr Experimentierfreude und weniger Lametta, besonders bei den reinen Metalpassagen, die auch mal als sperrige Brutalteile aus der Reihe tanzten. Wenn man das Schlagzeug gedanklich in den Energiesparmodus schaltet, kommen damit Songs zum Vorschein, die sich kaum von Vielgescholtenem wie RHAPSODY (mit und ohne Fire), Tarja Turunen oder einem psychopathischen Rondo Veneziano unterscheiden.
Solche Strukturen taugen andererseits auch für große Hooks, von denen „Labyrinth“ durchaus einige parat hält („Elegy“, „Warpledge“). Viele Songteile sind aber beliebig untereinander austauschbar. Gerade von der Gitarristenfraktion war man etwas mehr instrumentalen Wahnsinn und weniger das Vortragen gelernter Skalen gewohnt. Das Midiorchester von Francesco Ferrini kann in diesem Punkt dagegen einmal mehr überzeugen.
FAZIT: Nicht nur aufgrund ihres aufgepumpten Sounds haben FLESHGOD APOCALYPSE viel mit einem Bodybuilder gemeinsam. Auf „Labyrinth“ wird in 12 Auftritten makellos gespost. Da können die Einen stundenlang zusehen, für die Anderen ist es der ewig gleiche Typ mit eingeschränktem Bewegungsspielraum. Selbst in der kurzen Diskographie der Band gab es schon Abwechslungsreicheres.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.09.2013
Paolo Rossi
Tommaso Riccardi, Paolo Rossi, Veronica Bordacchini
Cristiano Trionfera, Tommaso Riccardi
Francesco Ferrini
Francesco Paoli
Nuclear Blast
54:21
16.08.2013