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Glittertind: Djevelsvart

Stil: Folk Metal

Cover: Glittertind: Djevelsvart

Ja, was zur Hölle...?! Eine halbe Minute lang könnte der verdutzte Hörer annehmen, dem überfälligen neuen Garmarna-Album zu lauschen, dann bricht sich allerdings ein metallisch fundiertes Klangbild Bahn, in dem es an eingängigen Melodien ebenso wenig mangelt wie an angenehmen Überraschungen. Folk-Metal-Schublade auf und Glittertind rein? Vergesst es, die aus einem Soloprojekt hervorgegangene Band hat mehr zu bieten als die zeitgenössischen Formeln des Heidenlärms!

Zwar verzichtet auch das Sextett aus Oslo weder auf mächtige Chöre, noch auf geradliniges Riffing, doch die Arrangements deuten darauf hin, dass die Beteiligten das verwaiste Erbe von Lumsk keineswegs dem Vergessen überantworten und stattdessen Musik erschaffen wollen, welche eintönige Moden überdauert. Multi-Instrumentalist Geirmund Simonsen hat sich bei der vielschichtigen Produktion hörbar ins Zeug gelegt und bereichert die folkloristisch-metallische Melange um Einsprengsel aus Pop, Punk, Hard Rock und Klassik – und zwar auf so gewinnende Weise, wie es das großartige Cover-Artwork von Linda K. Røed andeutet: hier regiert die Freude am reinen Ausdruck, am Spielerischen und Phantastischen. Ganz besonders gelungen ist in dieser Hinsicht das zauberische „Trollbunden“ in der Mitte des Albuma, das sich von einer Ballade mit verzagtem Gestus ins nahezu Überirdische steigert. Es spricht für Glittertind, beim folgenden „Nymåne“ mit Growl-Gesang einzusteigen – die Kontraste sind gewaltig und die Dynamik erinnert ein ums andere Mal an die hoch spannende New Wave of Nordic Folk in Gestalt von Abenteurern wie Euzen und Valravn, welche die musikalische Tradition sehr eigenwillig und ideenreich fortschreiben. So schwebt das vorletzte Lied „Stjerneslør“ dem dunklen Nachthimmel zunächst in Form eines Schlaflieds entgegen – in der Ferne meint der Skandinavian-Prog-Verzauberte ein leises Landberk-Echo zu vernehmen – bevor sich auch diese feingliedrige Komposition zu einer Größe entwickelt, die anfangs nicht zu erahnen war. Das melancholische „Utgang“ auf dem Piano und vor allem der ruhige Tribut „Sprekk for sol“ zeigen die Band ebenfalls von ihrer bedächtigen Seite, das im Titel verdächtige finstere „Djevelsvart“ erweist sich als wesentlich bunter, abwechslungsreicher und stilistisch offener als es der bisherige Werdegang vermuten lässt. Wem die musikalischen Sprünge zu gewagt erscheinen, der wird vielleicht beim Grundthema des Albums – der Frage nach dem Platz des Menschen in der Moderne – eine Erklärung für die Hin- und Hergerissenheit finden.

FAZIT: Mit „Djevelsvart“ heben GLITTERTIND zwar noch nicht die Folk-Metal-Welt aus den Angeln, allerdings machen sie keinen Hehl daraus, dass sie über das zeitgenössische Gute-Laune-Gedudel hinauswachsen wollen. Mit kompositorischer Klasse und beherzter Darbietung sind sie auf einem spannenden Weg, der einige Schlenker zum Kitsch beinhaltet, die durch Ausflüge ins Phantastische jedoch locker wett gemacht werden.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.12.2013

Tracklist

  1. Inngang
  2. Djevelsvart
  3. Sundriven
  4. Sprekk for sol
  5. Kvilelaus
  6. Trollbunden
  7. Nymåne
  8. Tåketanker
  9. Stjerneslør
  10. Utgang

Besetzung

  • Bass

    Bjørn Nordstoga Eide

  • Gesang

    Torbjørn Sandvik

  • Gitarre

    Torbjørn Sandvik, Olav Aasbø, Geirmund Simonsen

  • Schlagzeug

    Geir Holm

  • Sonstiges

    Geirmund Simonsen - accordion, samples; Stefan Theofilakis - flute

Sonstiges

  • Label

    Indie Recordings

  • Spieldauer

    36:10

  • Erscheinungsdatum

    22.11.2013

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