Wenn Peter Jordan schon mit so vielen reputierlichen Künstlern gearbeitet hat, wie uns das Label erzählt: Warum hat er nicht einen guten Schlagzeuger gebeten, seine gemeinsam mit Rolf Kasparek von RUNNING WILD, bei welchen er seit einigen Jahren im Heimstudio die Amp-Simulationen zum Abstürzen bringt, ersonnenen Lieder einzuspielen. Der Trommelknecht auf „I“, dem Einstand des Projekts GIANT X, versaut nämlich die sowieso spärlich gesäten guten Momente der Scheibe, ob nun Blut oder elektrischer Strom durch seine Adern fließt.
„Now Or Never“ ist so ein Kandidat, dessen hölzernes Rhythmuskorsett ein verständiger und vor allem erfahrener Musiker – solche stecken doch hinter dieser Platte, nicht wahr? – eigentlich nicht ernst meinen können. Dem Rückgriff auf billige (Ramsch haftet GIANT X in allen Belangen an: inhaltlich, vom Layout her und mit Hinblick auf die Besetzung, die den Ertrag nur durch zwei Teilen muss) Taktgeber ist wohl auch die allgemeine Ausrichtung von Kaspareks Musik während der letzten Jahre geschuldet, denn Heavy Metal mit Klopfgeist klingt meistens scheiße. So liegt es nahe, die alten Glam-Wurzeln auszugraben, hörbar in „The Count“ oder „Rough Ride“ und „Let's Dance“: STATUS QUO vadis, Rolf?
Ansonsten? Ein melancholischer Oberton flirrt über dem Dutzend Stücken, und wo Rolf früher gegen das Böse auf der Welt havarierte, igelt er sich heuer in Hardrock-Nostalgie, Kumpel-Geschwätz und schamvoll altersgeiler Lyrik ein. Ausgehend vom Uptempo-Einstieg „On A Blind Flight“ entspinnt sich ein Zeugnis leidlich erschöpfender Kreativität („Badland Blues“: ungewohnt staubiges Wüstenflair), mehr oder weniger (das mit Flanger und Unterwasser-Drums an der Moderne vorbeischrammende „Nameless Heroes“) ohne Armutszeugnisse im Gegensatz zu neulich bei der hoffentlich für immer schweigenden Hauptband des Frontmanns. Seine Bienenschwarm-Riffs wird man auch auf „I“ nicht wieder hören, aber das vertraute „Yeah“ ist ebenso noch da wie zumindest in Ansätzen Gespür für Songwriting. Dennoch gewinnt man den Eindruck, Kasparek lasse sich von Zungen, die seine Sprache nie gesprochen haben, in seine Musik hineinreden. Zeitgeist-Schrott wie „Go 4 It“ und „Friendly Fire“klingt furchtbar nach Biedermann, statt unter schwarzweißer Flagge gegen die Brandstifter zu segeln.
Das Traurige daran? Dieses Album ist nüchtern betrachtet sogar besser als die jüngsten von RUNNING WILD, weil ihm zumindest unter unbedarften Hörern kein großer Name vorauseilt. Bezeichnend für Kaspareks Wandel auf dem schmalen Grat: der späte Lichtblick „Soulsurvivors“ (dünnes Lieschen?) und der lyrisch wie musikalisch hemdsärmelig lahme Abschied „R.O.C.K.“ hintereinander.
FAZIT: Alte-Männer-Rock mit halbherzigen Lippenbekenntnissen ans Jetzt, dazu eine rundum synthetische Anmutung und bestenfalls durchschnittliche Kompositionen kennzeichnen „I“, das Debütalbum eines Unentwegten, der sich verrannt hat. Hör bitte auf, Rolf, oder mach endlich wieder, was dir guttut – auch wenn es vermessen klingt, als Außenstehender wissen zu wollen, was dies ist, oder haben wir dich über all die Jahre hinweg missverstanden? „Black Hand Inn“ ging doch auf deine Kappe, oder?
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.01.2013
Steamhammer /SPV
46:28
18.01.2013