Manchmal ist es so einfach, dem Hörer eines Albums ein fettes Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Im Gegensatz zu ihren vielen Streetpunk-Oi-Mitstreitern schaffen die Briten GIMP FIST das mit links, wo sie auch eindeutig politisch stehen.
Schon mit dem Vorgänger, der Split-CD mit LAST ROUGH CAUSE, war mir das Briten-Trio mit seiner unverwässerten Musik ans Herz gewachsen, was zu einer nicht unerheblichen Erwartungshaltung für ihren dritten Longplayer „Marching On And On“ führte. Aber es kann auf ganzer Linie Entwarnung gegeben werden, das Album überzeugt von erster bis letzter Minute und kommt komplett ohne Hänger aus.
Vorausgesetzt natürlich, dass der Hörer altem GB-Punk und Oi! nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht. GIMP FIST revolutionieren die Musikgeschichte ganz sicher nicht, aber transportieren große alte Helden wie STIFF LITTLE FINGERS, COCK SPARRER mit einem Hauch PETER AND THE TEST TUBE BABIES problemlos ins Jahr 2013. Und das bewerkstelligen sie mit solidem Handwerk, treibenden straighten Drums, knurrendem Bass mit vielen kleinen Melodiebögen und simplem Punk-Gitarren-Riffing und entsprechenden Soli. Auch wenn die meisten Lieder traditionell gehalten sind, brechen mit „Ignorant“ und „I Believe“ zwei schnelle Punkrock-Kracher das Schema auf, während das fantastische „Guilty“ mit seinen Reggae-Roots ein klein wenig an THE CLASH erinnert.
Auch wenn der gemeine Leser dieser Seite grundsätzlich bei dieser Musikrichtung widersprechen wird, kommt im Falle GIMP FISTs der Gesang von „singen“ und hat auch inhaltlich mehr als leere Phrasen zu bieten. Statt „saufen, ficken, Oi!“ legt man mit Bedacht den Finger in kleine und große Wunden und steht offen zu seinen Ängsten wie in „Fear Of Unemployment“, aber gibt auch immer wieder Hoffnung („I Believe“). Und wenn auf den ersten Blick ein Songtext wie „British Bullets“ national-konservativ wirken mag, wird doch seine ganze Aussage mit einem einfachen „Is it really worth it all?“ am Schluss konterkariert. Aber genug der Lobeshymnen. Das Ganze wurde noch dazu passend auf Konserve gebannt, transparent, druckvoll ohne Plastikverpackung und der Mensch alter Schule greift natürlich zum schmucken Vinyl.
FAZIT: Oi-Punk mit Hirn und Herz bieten GIMP FIST auf ihrem dritten Album. Und schon nach dem ersten Durchlauf ist beinahe jeder Song im Ohr und lässt sich – wenn man denn nicht laut mitgröhlen möchte – locker mitsummen. Um es mal mit britischem Understatement auszudrücken: „Well done!“
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.06.2013
Chris
Jonny
Jonny
Mike
Sunny Bastards
43:27
24.05.2013